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"LUTHER IN TÜTEN"
WAS MAN SO ALLES MIT UND AUS LUTHER MACHEN KANN

WITTENBERG OHNE LUTHER?

"Ohne Luther würden die nie herkommen." wurde eine Wittenbergerin in einem MZ-Artikel Quelle MZ zitiert, der über den Besuch des König der Niederlande, Willem-Alexander, und der Königin Máxima am 09.02.2017 Wittenberg berichtete (MZ 10.02.2017, S. 7).

Da das hier in Wittenberg eine triviale Aussage ist, dieses "Ohne Luther würde ..." bzw. "Ohne Luther wäre ...", wollte ich es zum Anlass nehmen, weitere Trivialitäten (Trivia, Belanglosigkeiten, Unterhaltungsinfos, dummes Gerede, ...) in einer gesonderten Seite zu sammeln.
Doch dann begann ich, ausführlich über diese Frage nachzudenken:
       Was wäre, wenn Wittenberg "ohne Luther" wäre?
       Welchen positiven oder auch negativen Einfluss hat es
       auf die Wittenberger, dass sie in einer so berühmten Stadt leben?

Vor Jahren sagte einmal jemand, dass Wittenberg so viel und so interessante Geschichte erlebt hat, wie kaum eine Stadt in  Deutschland. Andere Städte wären froh, wenn sie eine der bekannten Persönlichkeiten, wie Wittenberg sie bieten kann, vorweisen könnten.
Das ist natürlich für Wittenberg ein Pfund, mit dem diese Stadt wuchern kann. Könnte.

Denn neben dem Leuchtturm Luther sind alle anderen eigentlich interessanten Personen ins Dunkle gehüllt, wird ihrer nicht, selten, kaum oder nur sehr widerwillig gedacht.
Einige Personen aus der Wissenschaftsgeschichte Wittenbergs stelle ich hier vor:
→ WISSENSCHAFTSGESCHICHTE (in DER GEIST DER LUTHERSTADT W.)
Meine eigenen Versuche, an Georg Joachim Rheticus anlässlich seines 400. Geburtstages hier in Wittenberg zu erinnern, schildere ich hier: → RHETICUS (in EINMISCHUNGEN » WISSENSCHAFT).

Heute sind  wohl die meisten Wittenberger stolz darauf, was in Wittenberg alles dank der Förderung des Lutherjubiläum 2017 gebaut, erneuert, modernisiert werden konnte:
Vom Lutherhaus und dem Augusteum inklusive Lutherhof bis zur Schlosskirche, vom Stadthaus und der "Historischen Stadtinformation" bis zum Asisi-Panorama ist die Innenstadt das geworden, was eine im Dessauer Bauhaus entstandene Projektidee aus dem Jahr 2013 für 2025 bzw. 2050 für die Entwicklung der Stadt Wittenberg vorschlug:

Diese "Vision" war, aus Wittenberg als Teil einer "Stadt Anhalt" ein "Museums- und Kirchenquartier" zu machen, ein saisonales Freiluftmuseum, das sich ganz und allein Luther und der Reformation widmet.
(zum Konzept der "Stadt Anhalt" siehe auch: www.mz-web.de/mitteldeutschland/prognose-anhalt-2050-eine-stadt-aus-dessau-rosslau-und-zwei-landkreisen--681288 »externer Link«)

Nun gut, die Idee der "Stadt Anhalt" hat sich bisher nicht umsetzen lassen. Wittenberg bleibt selbständige Stadt - auf dem Weg zur Kirchen- und Museumsstadt. So groß dürfte der Unterschied zu der Vision von einer "Stadt-Anhalt" und dem Platz Wittenbergs darin nicht sein.
Als Museumsstädte gelten z. B. Brügge, Colmar, Maastricht, Trier usw.
Ich hoffe, dort ist das Wort "Museumsstadt" anders gemeint. Für Wittenberg verstehe ich das Wort (angesichts der geringen Zahl wirklich existierender Museen) so, dass die ganze Stadt zum Museum mutiert.

Einmal, während eines Augenaufschlags in der jüngeren Geschichte, war Hoffnung für Wittenberg aufgetaucht, auch "ohne Luther" etwas Bedeutsames zu schaffen, das mehr wäre als die Stadt in ein Gesamt-Luther-Museum zu verwandeln:
Kurz nach der Wende träumte man hier von der "Wiedergeburt einer Universitätsstadt".
War die Umsetzung dieser Idee einfach nicht machbar, oder gab es starke Gegeninteressen, die das zu verhindern wussten?

Notiert Ende März 2017:
Inzwischen wird uns Wittenbergern, vor allem den dem Jubiläum nach wie vor skeptisch gegenüberstehenden, eingeredet, dass / wie wir froh darüber sein sollen, da Wittenberg ja davon "profitiert":
Marcel Duclaut, ein Journalist der Mitteldeutschen Zeitung (MZ), empfiehlt den Wittenbergern, "sich auf das Reformationsjubiläum einzulassen".
Am 07.03.2017 schreibt er in der MZ auf S. 8 in seinem Kommentar, den ich hier in voller Länge wiedergebe:Hingehen und probieren
Stege auf dem Bunkerberg, zweihundert Meter lang und obendrein verspiegelt: Die Idee klingt ein bisschen verrückt, faszinierend aber ebenso. Man kann sich das nach den Beschreibungen der Planer nur schwer vorstellen, also sollte das Motto heißen: hingehen, anschauen, ausprobieren. Ob das tatsächlich eine spirituelle Erfahrung wird, wir lassen uns überraschen. Sicher ist: Das Reformationsjubiläum verändert die Stadt, der Bunkerberg ist ein Beispiel. Ein gutes, weil dieser Teil der Weltausstellung erhalten bleibt. Auf den Stegen können Gäste und Wittenberger auch 2018 noch balancieren. Trotz allem: Nach wie vor ist die Skepsis gegenüber dem religiös grundierten Festjahr mit Händen zu greifen. Mancher Wittenberger fühlt sich schlicht belästigt von dem Trubel. Nur sollten Skeptiker zur Kenntnis nehmen, dass Wittenberg erheblich profitiert von seiner berühmten Geschichte, das kommt letztlich allen Bürgern zugute. Empfohlen sei: mehr Toleranz, Gelassenheit und Freude an einer lebendigen Stadt.

Soso, mancher Wittenberger  "fühlt sich schlicht belästigt". Da hat man sich so große Mühe gegeben, die Wittenberger "mitzunehmen". Aber einige hat man wohl nicht "dort abholen können, wo sie stehen". Oder sind die selbst Schuld, dass sie nicht mitgehen wollen? Sich dieser einmaligen Chance verweigern?
Denn - ja, da sind wir wieder bei der Anfangsfrage - was wären wir ohne Luther?

Was den oben erwähnten "Bunkerberg" betrifft: da haben sich einige gewundert, als sie die Stege für die spirituellen Erfahrungen (auf die die Wittenberger schon so lange warten mussten) anbringen wollten: der Bunkerberg ist ja gar kein netter Berg, sondern ein "Schutthaufen"? Da sind ja Hohlräume? Ach nein, da war wirklich mal ein Bunker, der nach dem 2. Weltkrieg gesprengt wurde? DER soll nun den Untergrund für spirituelle Erfahrungen bieten? Wer kann sich dort "Zwischen Himmel und Erde" (so der Titel des zum Kommentar gehörenden Artikels) bewegen in dem Wissen, dass bis heute anderswo Häuser, Schulen, ganze Städte zerbombt werden, Menschen nach wie vor in Kriegen sterben?

Wenn am 28.05.2017 hier dieser Riesen-Gottesdienst mit 200.000 bis 300.000 Besuchern steigt, dann - so habe ich einige Wittenberger sagen hören - werden sie sich rechtzeitig vorher mit Vorräten eindecken und die Innenstadt in diesen Tagen meiden. Man hofft, dass der ganze Spuk schnell vorbei ist und danach ein einigermaßen normales Leben weitergeht. Und sie beten:
"Hoffentlich kommen nicht so viele Touristen, Gäste, Besucher, spirituelle Erfahrungen Suchende, Bildungsreisende und Sensationslustige, wie erwartet."