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"LUTHER IN TÜTEN"
WAS MAN SO ALLES MIT UND AUS LUTHER MACHEN KANN

DIE VERLUTHERUNG WITTENBERGS


Wer hat wohl als erste(r) dieses Wort verwendet: "Verlutherung"?
Die zeitlich am weitesten zurückliegende Verwendung des Wortes fand ich im »Hamburger Tageblatt«, in einem Artikel von Roland Mischke vom 29.11.2003 unter der Überschrift:
"Luther-Boom in Wittenberg".
(Natürlich kann es sein, dass es bereits zuvor in die  Welt gesetzt worden war.)

www.abendblatt.de/reise/article106813568/Luther-Boom-in-Wittenberg.html »externer Link«
Darin schreibt er abschließend: Schon zu Cranachs Zeit wurde aus der Verlutherung Kapital geschlagen. Der Maler ließ seine Schüler Lutherbilder in Serie herstellen und versorgte reformierte Kirchen mit Altarbildern. Klar, dass auch Lucas Cranach als historische Figur nachgestellt wird. Und was sagen die Leute? "Guckt mal, der Luther!" Erfunden habe ich dieses Wort also nicht, verwende es ob seiner Anschaulichkeit jedoch gern, um damit die Vermarktung Luthers und der Reformation, eben diesen "Lutherboom"  zu beschreiben.

Noch im Jahr 2012 frotzelte der "Supersonntag" Quelle Suso in einem Aprilscherz, dass aus dem Kulturhause "KTC" ein "Casino Royal"  mit Hotel werden soll, das sich dann "als Tourismusmagnet erweisen" würde. Einem Stadtverordneten wurde gar in den Mund gelegt: „Mit dem Spielcasino haben wir die Chance, den bislang wenig erfolgreichen Luthertourismus um eine attraktive Alternative zu ergänzen." Ein Spielcasino ist es nicht geworden, sondern das Rundbild-Projekt von Asisi, das nun anstelle des früher einmal unter Denkmalschutz stehenden und inzwischen abgerissenen KTC-Gebäudes (historisch "Muths Festsäle") ein Extra-Gebäude erhalten hat.
Nach fünf Jahren soll dieses Rotunde genannte  Bauwerk wieder abgerissen werden.
Die Pläne mit Asisis Rundbild sind allerdings die gleichen geblieben wie mit dem Casino:
In Sorge, dass der Luther allein die Touristen nicht in gewünschten Mengen anlocken könnte, hat man den Asisi geholt. Der zieht und lockt immer, hoffentlich.

"Verlutherung" - das meint leider auch, dass nicht wenige der Menschen, die sich jetzt für diese Vermarktung engagieren, vermutlich mit gleichem Engagement schielende Beutelratten  (erinnert sich noch wer an "Heidi"?) vermarkten würden, wenn sich damit Geld verdienen ließe.

"Verlutherung" meint, dass auf einmal Geld für alles mögliche da ist, in traumhaften Größenordnungen.
Wenn das unser Martin wüsste, das Herz tät ihm zerspringen!

Die "Vermarktungssprache" für das Wittenberger Weltereignis:

Von Anfang an ging es - so habe ich es den Zeitungsberichten entnommen - den Veranstaltern vor allem darum, dieses Jahr "2017 gut zu vermarkten".
Es ist weniger der Versuch als solcher, das Reformationsjubiläum gewinnbringend zu gestalten, es ist die Sprache, in der diese Aktivitäten beschrieben werden, die mich so sehr verwundert:

Besucheraufkommen - soll "besser gesteuert werden"
Besucherströme
Das örtliche Gastgewerbe will und wird "selbstredend sein Stück abbekommen von diesem Riesengeburtstagskuchen der Reformation". Im In- und Ausland soll "Nachfrage für das Reformationsjubiläum und die Lutherdekade generiert werden." Mehr-Tages-Touristen - sollen "generiert" werden, und zwar "jede Menge"
Tourismusmagnet
Touristenscharen
Verweildauer der Reisenden - soll in Lutherstadt Wittenberg "weiter erhöht werden"

Ein eigener Text aus dem Jahr 2014 zu dieser Vermarktung oder "Ausschlachtung" (nicht meine Worterfindung für das Geschehen) soll dem geneigten Besucher meiner Website nicht vorenthalten werden:

Der Begriff „ausschlachten“ mag etwas derb klingen und ein böses Bild heraufbeschwören.
Man spricht vom „Ausschlachten“ (meint im eigentlichen Sinne dier völlige "Verwertung" eines Tieres, nachdem man es getötet hat) auch im übertragenen Sinne bei Nachrichten: eine Nachricht wurde "ausgeschlachtet", wenn sie nach allen Aspekten hin „zerlegt“ und ausgewertet (ausgeweidet) wurde.
In diesem letzteren Sinne ist das mit dem „Luther ausschlachten“ gemeint:
die Verwertung der Geschichte Wittenbergs und Luthers nach allen Regeln der Kunst - ausweiden, vermarkten, verwerten, zu Geld machen.
Die Zerteilung eines Schweines, die Zerstückelung einer Nachricht und die Zur-Schau-Stellung einer Person bis ins kleinste Detail (natürlich hat Luther auch gefurzt! und wir sind ja so großartig, dass wir das erwähnen können!), die „Atomisierung“ also von Gegenstand, Information und Erinnerung ist ein typisches Zeichen unserer Zeit.
Die Vermarktung Luthers nach dem „Ausschlachten-Prinzip“ ist Teil der heutigen „atomisierten Welt“.