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MÄRCHENHAFTES

DER GESTIEFELTE KATER

Auch dieses Märchen kann ich als bekannt voraussetzen. Wie ein Kater mit Witz und Charme seinem Herrchen, dem armen Müllerburschen, zu Reichtum und zu einer Prinzessin als Frau verhilft und ganz nebenbei den Zauberer mit seiner Provokation, er könne sich nicht in so ein kleines Tier wie eine Maus verwandeln, besiegt, hat sicher viele Menschen entzückt. Wenn hier erzählt wird, wie die Kleinen sich gegen die Großen behaupten und mit Witz und Mut sogar als Sieger hervorgehen können, dann ist die "Moral" hinter der Geschichte sicher leicht zu erkennen.

Mich hat immer eine Episode in diesem Märchen verwundert und besonders zum Nachdenken gebracht:
Wenn der Kater den Feld- und Waldarbeitern befiehlt, dass sie dem König sagen sollen, dass Feld, Wiese und Wald "dem Grafen Karrabas gehören", habe ich mich immer gefragt, wieso sie dem Kater gehorchen.

Dabei zeigt sich in der "Arbeitseinstellung" etwas Ähnliches wie beim Märchen "Frau Holle". Die Goldmarie macht die Arbeit aus eigenem Antrieb. Die Pechmarie arbeitet nur um des Lohnes willen.

Ähnlich wie bei der Goldmarie ist es beim Kater - auch er hat keinen Befehl von seinem Herrn bekommen, er arbeitet sozusagen freiwillig für ihn. Natürlich ist ihm klar, dass es ihm selbst nur gut gehen kann, wenn es seinem Herrchen gut geht.
Doch der arme Müllersbursche hat keine Ahnung, was der Kater so alles drauf hat. Er muss sich ganz auf ihn verlassen und der Kater zeigt sich höchst kreativ bei seinen Bemühungen, für sich und den Hans angenehmere Lebensumstände zu organisieren.

Demgegenüber sind die Landarbeiter überhaupt nicht in der Lage, weiter zu denken als ihre ihnen vorgeschriebene und befohlene Arbeit es verlangt.
Wahrscheinlich haben sie schon oft erlebt, was ihnen bei Befehlsverweigerung passiert. Sie kämen - zum Gehorsam erzogen - nie auf die Idee, dass der Kater gar kein Recht hat, ihnen Befehle zu geben.
Sie müssten gegen Befehle aufbegehren. Das haben sie nicht gelernt.
Also führen sie den erhaltenen Befehl aus, egal von wem.

Und da beginnt das Dilemma des Befehlens und Gehorchens.
Es ist ein Unterschied, ob man für jemanden anderes arbeitet, arbeiten muss, oder ob man mit anderen gemeinsam an einem gemeinsamen Projekt arbeitet.
Natürlich benötigt auch so ein Projekt eine Organisation, eine Koordination, eine Arbeitsteilung, bei der auf jeden Einzelnen Verlass sein muss. Aber es ist nicht der Befehlsstatus, aus dem heraus die Organisationsanweisungen abgearbeitet werden. Es ist das gemeinsame Ziel, das gemeinsame Projekt, das persönliche Interesse am guten Gelingen des Ganzen, was sie treibt.