"Mein Herz muss barfuß gehen durch diese Welt, kein Schutz für seine Zehen wird ihm gestellt ..." Wenn Kurt Demmler nun getextet hätte "Mein Herz setzt sich der Verwundbarkeit aus ..."? Ich fürchte, dann wäre dieses Lied nicht so berühmt und beliebt geworden. (ausführlich zu dem Lied →VOLKSLIEDER - in DIE BESTEN GEDANKEN » VOLKSLIEDER + VOLKSKUNST) |
|
Der Stopp der Abwanderung hat "noch nicht überall Fuß gefasst" Egal, ob dies ein bewusstes oder unbewusstes Wortspiel ist - aus Politikermund gefahren muss diese Bemerkung es sich gefallen lassen, vom Klatschweib in das Schubfach "Plappermäulchen" gepackt zu werden. Es ging dabei um die Abwanderung von Menschen aus Sachsen-Anhalt in andere (westliche) Bundesländer, immer der Arbeit und den besseren Lebensbedingungen hinterher. Diese Massenbewegung zu stoppen ist jedoch kein politischer Erfolg kluger Wirtschaftspolitik - das Wort "Stopp" suggeriert, hier habe es aktive Gegenmaßnahmen gegeben. Nein, der Menschenstrom ist einfach "versiegt" - es sind gar nicht mehr genug junge Leute da, die noch abwandern können. Wer hat's gesagt? Unser Landesvater, der Dr. Reiner Haseloff - wiedergegeben wurde es in der MZ vom 07.01.2017 auf S. 6. Das Klatschweib könnte jetzt kalauern: Wenn man das Abwanderungsproblem auf die lange Bank schiebt, ist es irgendwann von allein verschwunden, sozusagen abgewandert. Aber das ist ihr zu doof. (15.01.2017) Merke: Eine Übertreibung beim bildhaften Sprechen verkehrt sich leicht ins Gegenteil. |
|
"Die Grenzen der Schwerelosigkeit aufheben" Lange habe ich gerätselt, was damit gemeint sein könnte, bis mir klar wurde, dass hier die "Aufhebung der Grenzen der Schwerkraft" gemeint sind. Entnommen habe ich diese Formulierung der MZ vom 18.08.2016, S. 26. Dort wird die "Erlebnisnacht" in Wittenberg am 20.08.2016 angekündigt. Ein Künstler, ein Körperillusionist, verspricht obiges Erlebnis - wörtlich: "Die Grenzen der Schwerelosigkeit aufzuheben, vermag der Körperillusionist Herr Niels." (15.08.2016) |
|
"Mischlinge können ebenso wertvoll sein wie Rassehunde." (MZ 03.08.2016, S. 1) Wo der Wert eines Gegenstandes an seinem Preis, der Wert eines Menschen an seinen Leistungen gemessen wird, sind Rassehunde immer "teurer, also wertvoller" als Mischlinge. Hier lauert sozusagen eine animalische Version von Rassismus. Man sollte einmal kleine Kinder fragen, die einen Hund der "Rasse" Dokö (für "Dorfköter") in ihr Herz geschlossen haben, ob sie ihn gegen einen sehr, sehr teuren Rassehund austauschen möchten. Denen dürfte ihr "Mischling" wertvoller sein - die definieren den Wert eines Lebenwesens noch nicht nach Preisen. (Eigentlich wurde in diesem Beispiel nicht "geplappert". Ich lasse es jedoch so lange hier stehen, bis mir ein passenderer "Schubkasten" eingefallen ist.) |
|
"Der Glaube an die Hoffnung stirbt zuletzt." Man soll es nicht glauben, auch dusslige Zitate haben ihren Reiz. Günter Emmerlich wurde in der MZ vom 21.12.2015 auf S. 8 zitiert mit : "Der Glaube an die Hoffnung stirbt zuletzt." Im Original heißt diese Redewendung allerdings "Die Hoffnung stirbt zuletzt." Nun rätsele ich: Was will uns der Künstler Emmerlich damit sagen? Hat diese Wortgruppe überhaupt eine Aussage? Sicher kann man - so ganz allgemein - an die Hoffnung glauben im Sinne, dass man sie für wichtig hält. Hoffnung wird allgemein als "Glaube an eine positive Zukunft", als "Favorisierung bester Möglichkeiten aus einem Spektrum von guten und schlechten Möglichkeiten" verstanden. In diesem Sinne hat er also gesagt: "Der Glaube an den Glauben an die Zukunft stirbt zuletzt." |
|
Kleine Kuriositätenkammer (Deutsche Sprache - schöne Sprache)
"Die Hängebrücke ist ein Leuchttumprojekt"sagt die Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbandes (MZ 31.07.2017, S. 3) Der Satz ist so gut, den sollte man öfter mal sagen - vor allem, wenn man jemanden verwirren will. Nun kann ich sogar noch eins drauf geben - gefunden habe ich diesen Satz in der MZ vom 01.08.2017 auf S. 7. Dort wird aus einer E-Mail der Wittenberger Stadtverwaltung an die MZ zitiert: "Grundsätzlich ist die illegale Müllentsorgung Aufgabe des Landkreises." Herr Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern, wird in der MZ vom 30.07.2018 auf S. 6 zitiert: "Seit 2015 ist das Land ist ein Stück weit auseinandergerissen." Diese invasiv sich verbreitende Floskel "ein Stück weit" liefert in diesem Satz eine zusätzliche Komik aus der anderen Betonung bzw. Zusammenfassung der Worte zu Gruppen: "weit auseinandergerissen" und "ein Stück" - das ist paradox: entweder ist etwas "ein Stück auseinandergerissen" oder "weit auseinandergerissen". Eigentlich würde "ein Stück" (für "etwas", "ein wenig") genügen, warum kommt dann noch das Wort "weit" nach? Und warum - um Gottes willen - lieben Politiker eigentlich solche Floskeln so sehr? |
|
Tiere vermenschlichen Seit langem fällt mir auf, dass bei der Beschreibung von Tieren oft Wörter verwendet werden, die eigentlich für spezifisch menschliches Verhalten gelten. Da ist von "schwangeren" Tieren die Rede statt von "trächtigen". Auf einmal können sie "essen" oder "trinken", früher sprach man von "fressen" oder "saufen". Zum Beispiel war in der "MZ" vom 14.11.2017 auf der Kinderseite (!) dick in einer Überschrift zu lesen: "Warum auch Tiere gesund essen sollten" (Notiz vom 20.11.2017) |