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SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN

DAS KLATSCHWEIB -   MONSTER-SPRACHE


Ich war mir nicht sicher, ob "Monster-Wortgruppen", "Wortgruppen-Monster", "Sprach-Monster" oder "Monster-Sprache" die passendste Bezeichnung für diese Art von Sprachleistungen ist, habe mich schließlich für "Monster-Sprache" entschieden:
Zum einen will ich hier neben den Wortgruppen auch ganze "Monster"-Sätze vorführen, so dass die ersten beiden Benennungen nicht zutreffen,
zum anderen unterscheiden sich "Sprach-Monster" (eine einzelne "monströse" Sprachleistung) und "Monster-Sprache" (eine Zusammenfassung von diversen "Sprachmonstern") doch in gewisser Weise.

Was ist übrigens ein "Monster" bzw. was bedeutet das Wort "monströs"? Das Wort war mir spontan eingefallen, natürlich musste ich dann  erst einmal recherchieren:
"Monster" ist - laut Wikipedia - ein "abnormes Objekt".
Das bedeutet andersherum, dass die Normen bestimmen, wer oder was zum "Monster" erklärt wird.
Weitere Sprachbetrachtungen sind unten in der Anmerkung 1 zu finden.

Ich beginne mit diesem "Sprach-Monster":
"Stiftung der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Wahrnehmung gesamtkirchlicher Verantwortung in Wittenberg"

Mein allererstes "Sprach-Monster" war übrigens:
"Zum Zwecke der Verhinderung der Verzunderung der Lötkolbenspitze ..."
Den Satz diktierte unser E-Technik-Lehrer während meiner Berufsausbildung zum Mess- und Regelungsmechaniker. Wir sollten eine Gerätschaft berechnen, die den Lötkolben nur noch mit wenig Strom versorgte, wenn man ihn auf einer beweglichen Gabel ablegte.
Damals wusste ich noch nicht, wie sehr mich dieser Satzanfang "sensibilisiert" hatte für Sprach-Monster.
Einfacher wäre z. B. gewesen:
"Wenn man eine Verzunderung der Lötkolbenspitze verhindern will, ..."
oder noch besser:
"Wenn man verhindern will, dass die Lötkolbenspitze verzundert, ..."

Für die obige Stiftung fällt mir allerdings keine einfachere Formulierung ein. Die EKD hat sie gefunden: "Evangelische Wittenbergstiftung". Das ist kurz, knapp und lässt das Anliegen der Stiftung kaum ahnen. Na ja, allzu viele Leute werden sich kaum für die Stiftung interessieren.

Was alles "Monster" sein kann

Ich bin überrascht, wofür das Wort "Monster" alles Verwendung findet. Google zeigt (06.05.2016) rund 327 Millionen Fundstellen an:
Da gibt es www.monster.de als Jobbörse, Monster Worldwide als "Karriereportal", einen Energiedrink mit diesem Namen und und und.

Das "Germanische Nationalmuseum"(siehe auch www.gnm.de/museum/geschichte-und-architektur/  zur Namensgebung) wirbt für seine Monster-Ausstellung, die leider schon vorbei ist - sie fand von Mai bis September 2015 statt: "Furchterregende Monster, höllische Dämonen, Kinderfresser und Vampire faszinieren Menschen zu allen Zeiten. Künstler bringen sie ins Bild, ..." Der Ausstellungskatalog ist vergriffen, ein Preis wird nicht genannt:
Monster. Fantastische Bilderwelten zwischen Grauen und Komik.
Bearb. von Peggy Große, G. Ulrich Großmann, Johannes Pommeranz.
Begleitband zur Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum vom 7. Mai bis 6. September 2015 Nürnberg 2015 511 Seiten 316 farb. Abb., Klappenbroschur, 27 x 22 cm
Best.-Nr: 780 ISBN: 978-3-936688-94-8

Ach ja, das "Krümelmonster" in der Sesamstraße dürfte eines der bekanntesten "Monster" sein, das "Frankenstein-Monster" als Bild des verantwortungslosen Handelns von Wissenschaftlern ebenfalls.

Langsam überlege ich, ob ich mit "Monster-Sprache" wirklich eine guten Namen für diese Seite gefunden habe. Doch, ich denke, ich lasse es so - gerade WEIL es, das Wort "Monster" so allgegenwärtig, so allgemein bekannt, kann es diese Art von Sprache, die hier "aufgespießt" werden soll, besonders anschaulich machen.

Hier beginnt nun die eigentliche Sammlung:

Sich die Welt mit Hilfe von Zahlen schön reden

(08.02.2017)"In Zahlen ist die Welt viel besser geworden." Das ist ein Ausspruch von Wolfgang Schäuble.
Der ganze Text - eine Gesprächswiedergabe eines Talks (Plappersendung, deshalb könnte dieser Text auch unter "PLAPPERMÄULCHEN" stehen) mit Frau Maischberger, in der Herr Schäuble laut "Huffington Post" (der Internet-BILD-Zeitung) diesen Satz gesagt haben soll, lautet:"Schäuble zeigte, warum er noch immer der beliebteste CDU-Politiker ist. Über eine Stunde lang verbreitete er Zuversicht angesichts weltweiter Unsicherheit und Krisen. Als Moderatorin Sandra Maischberger ihn fragte, ob er sich Sorgen um die Zukunft seiner Enkel mache, antwortet er: "In Zahlen ist die Welt viel besser geworden." Er erinnerte an die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und die atomare Bedrohung während des Konflikts mit der Sowjetunion: "Heute sterben mehr Menschen durch Selbstmord als durch Kriege." Die Kinder von heute hätten ganz andere Möglichkeiten, als er selbst sie gehabt habe.

»Europa ist immer in Zeiten der Krise vorangekommen«
Auch um Europa scheint er sich wenig Sorgen zu machen. Selbst wenn in Frankreich Marine Le Pen Präsidentin werden sollte und die Währungsunion zerbrechen sollte, würde Europa zusammenhalten: "Es wird einen neuen Anlauf geben." Er sah die gegenwärtige Situation als Chance: "Die europäische Einigung ist immer in Zeiten von Krisen vorangekommen." "Ich habe die Beruhigungspille geschluckt", sagte Maischberger anerkennend."
Das Monströse an diesem Satz ist mehrfach zu sehen:
Zum einen ist es die Vermischung quantitativer und qualitativer Größen, zum anderen die besonders in der CDU zu beobachtende Tendenz, sich die Welt schönzureden, indem sie die Situation in Deutschland bzw. Europa als Maßstab für "die Welt" nehmen und den materiellen Wohlstand der Deutschen zum alleinigen Maßstab für "gut gehen".
Damit umgehen sie die Frage, ob die Welt angesichts der Ressourcen, der Produktivität, des Wissens und des vorhandenen Geldes nicht schon viel, viel besser sein könnte.


"Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen"

Eine Einrichtung mit diesem monströsen Namen gibt es bereits sei 2009. Sie ist bei der  Generalstaatsanwalt in Hessen angesiedelt, um einigen der "Götter in Weiß" auf die Finger zu klopfen, wenn deren Geldgier die Grenzen der Legalität überschreitet.
Die Presse erwähnte sie - die Zentralstelle - im Zusammenhang mit der Ausstellen von "Luftrezepten" durch Apotheken. Das sind Rezepte, für die keine Medikamente usw. als Gegenleistung erbracht werden, den Gewinn teilen sich Ärzte und Apotheker oder auch Apotheker und Patienten.
Die MZ vom 09.05.2016 schreibt auf S. 22 :"Gesundheitsökonomen halten die Dunkelziffer beim Abrechnungsbetrug für hoch, da das Entdeckungsrisiko außergewöhnlich niedrig sei." Es wird geschätzt, dass durch Betrug und Korruption ca. zwei bis acht Prozent der Mittel "versickern". Auch "gefälschte Pflegeprotokolle" finden in dem Artikel Erwähnung.

Zu diesem Thema habe ich noch diesen schönen "Monster"-Satz gefunden: "Eine Prognose, wann die Entscheidung über das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachtes möglich ist, kann derzeit nicht exakt angestellt werden," teilte die Staatsanwaltschaft Mainz am Mittwoch auf Anfrage mit.
(gefunden am 18.05.2016 auf
home.1und1.de/magazine/politik/fall-jan-boehmermann~ »externer Link«)
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Anmerkung 1
Das Herkunftswörterbuch von DudenQuelle Duden7 gibt eine sehr ausführliche Beschreibung unter dem Suchwort "Monstrum", die ich hier ausführlich zitieren möchte:Monstrum "Ungeheuer; großer, unförmiger Gegenstand; Ungeheuerliches, Riesiges; Mißbildung, Mißgeburt (Med.)": Das Fremdwort wurde im 16. Jh. aus gleichbed. lat. monstrum entlehnt, das mit einer Grundbedeutung "Mahnzeichen" zu lat. monere "mahnen" (vgl. monieren) gehört. - Ebenfalls auf lat. monstrum (über afrz. monstre) geht auch engl. monster zurück, aus dem unser Fremdwort Monster "Ungeheurer, furchterregendes Fabelwesen" entlehnt ist. Dazu:  Monster ...  als Bestimmungwort von Zusammensetzungen mit der Bed. "Riesen..., riesig", wie in 'Monsterfilm' "Film, der mit einem Riesenaufwand an Menschen und Material hergestellt wurde"; monströs "ungeheuerlich, missgestaltet"(17. Jh., älter: 'monstros'; aus lat. monstr[u]osus " ungeheuerlich; widernatürlich, scheußlich" bzw. frz. monstruex). - Beachte noch das von lat. monstrum abgeleitete Verb lat. monstrare "zeigen, weisen, hinweisen, bezeichnen" in den Fremdwörtern ↑Monstranz, ↑demonstrieren, Demonstration, demonstrativ, ferner in unserem Lehnwort  ↑Muster und dessen Ableitungen. Von der Begriffserklärung der Wikipedia zu Monster als "abnormes Objekt" wird auf "Ungeheuer" weitergeleitet, dort gibt es zahlreiche weitere interessante Informationen:
de.wikipedia.org/wiki/Ungeheuerexterner Link, öffnet in einem neuen Fenster