SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN
DAS KLATSCHWEIB - MAXIMALST & CO.
"Maximalst", "optimalst" usw. sind als Sprachschludereien eigentlich bekannt. Darüber hinaus gibt es im alltäglichen (Medien-)Deutsch viele
Textstellen, in denen "die Grammatik verbogen" wird. Das meint, man richtet sich nicht nach ihren Regeln. Vielleicht ist das Dummheit, vielleicht auch nur ein neues Gefühl von Freiheit, vielleicht steckt auch Absicht dahinter,
die deutsche Sprache zu verderben ... - wer weiß.
Parallel zu dieser gibt es die Seite
›MITGLIEDERINNEN‹, auf der ich mich mit einer ganz speziellen grammatikalischen
Verseuchung der deutschen Sprache befasse - dem eigenartigen, angeblich "geschlechtergerechten" oder gern auch "geschlechterneutralen" Endungskult. Sie wissen schon - dieses ganze "-in", "-innen", diese "
gendergerechte Sprache", die die Texte so verkompliziert, dass kein Mensch (auch Frauen nicht -
¿ (Satirezeichen) ) Lust hat, sie anzuwenden. Aber die "political correctness" verlangt's halt ...
Jetzt schimpft das Klatschweib über folgende Sprachschlampigkeiten:
-
maximal, maximaler, am maximalsten
-
sowohl ... und auch (statt sowohl ... als auch)
-
den falschen Gebrauch von Präpositionen
-
noch mehr Beispiele
maximal, maximaler, am maximalsten
Hier ein köstliches, echtes Beispiel aus einem Brief an mich
(erhalten am 05.08.2017, ich verschweige taktvoll den Absender)
"Um den Service so optimal wie möglich zu gestalten ..."
Der Schreiber weiß offenbar nicht, was "optimal" bedeutet:
"so gut wie möglich".
Die üblichsten Beispiele dieser Un-Säglichkeiten noch einmal im Überblick:
maximal, maximaler, am maximalsten
optimal, optimaler, am optimalsten,
normal, normaler, am normalsten.
Eine weitere Entdeckung (im Dezember 2015) war
international, internationaler, am internationalsten.
(s. u. ausführlicher)
Der Steigerungs-Formalismus A1 ist aus steigerungsfähigen Adjektiven vertraut und alltäglich:
groß, größer, am größten
schön, schöner, am schönsten
dick, dicker, am dicksten
weit, weiter, am weitesten
usw.
Doch es gibt Adjektive, die kann man nicht "steigern".
Die sprachlich formale Übertragung dieser Wortbildungsmöglichkeiten (POSITIV - KOMPARATIV - SUPERLATIV) auf Wörter, die nicht steigerungsfähig sind, entlarvt die Sprachschlampe. Solche Leute haben kein "Sprachgefühl", sie denken nicht über die Worte nach, die sie benutzen. Leider hat dieser Trend weiter zugenommen.
Woran erkennt man, ob Worte steigerungsfähig sind oder nicht?
Die erste Möglichkeit ist, sich das "Gegenteil-Wort" anzusehen: ist dieses steigerungsfähig?
Gehen beide Wörter ineinander über - wie z. B. bei "warm" und "kalt": dazwischen gibt es "lauwarm" oder "kühl" - kann man ebenfalls davon ausgehen, dass sie "gesteigert" werden können.
Diese Methode klappt nicht immer.
Am besten helfen
Duden oder Wiktionary weiter.
Es ist
eigentlich einfach: wenn etwas "unterschiedlichen Grades"
sein kann, wenn es zwischen den Zuständen (Beispiel "groß") Unterschiede geben kann: im Vergleich sieht man, ob etwas "größer" als etwas anderes ist. Dann ist auch "am größten" möglich.
Wenn man aber nur "entweder - oder" sagen kann, ist ein Adjektiv nicht steigerungsfähig:
Entweder ist eine Sache "optimal" (das bedeutet schon "am besten")
oder eben "nicht optimal".
Auch "maximal" beschreibt
einen Extremzustand, den man auf etwas anwenden kann, auf die
Größe zum Beispiel: die "maximale Größe" ist in der Bedeutung das gleiche wie "am größten".
Zu "international" ist das "Gegenteil-Wort "national" - und "national, nationaler, am nationalsten" - das hat keinen Sinn.
Entweder ist ein Unternehmen oder ein Team "national" oder es ist nicht national, dann ist es "international".
Hier musste ich jedoch umdenken, offenbar passiert in diesem Fall
eine echte Weiterentwicklung der Ausdrucksmöglichkeiten:
Denn
das Wort "internationaler" ist "selbsterklärend":
Man kann sich unter dem Satz
"Die Forschungsteams müssen internationaler werden."
sehr gut etwas vorstellen: es müssen mehr Menschen aus verschiedenen Ländern bzw. Menschen aus noch mehr Ländern, mit einer Vielfalt an kulturellen und geistigen Erfahrungen, zusammentreffen, damit im Zusammenspiel dieses Wissens und dieser Fähigkeiten neue Kreativität geboren werden kann.
Der Inhalt siegt über die Form. Die Grammatik wird sich anpassen müssen.
Auch
"am internationalsten" funktioniert:
"Die Leucorea war im gesamten 16. Jahrhundert die »internationalste« deutsche Universität..." meint, dass hier der Anteil ausländischer Stundenten und die Zahl der Länder, aus denen sie kamen, am höchsten war.
(gefunden in der MZ vom 28.07.2018, S. 11)
PS: Es gibt noch eine weitere Form der unzulässigen Steigerungen, hier ein
Beispiel: privilegiert und unterprivilegiert:
(siehe hierzu auch PRIVILEG in der WORTSAMMLUNG VON A BIS Z )
Man kann formal sicher "privilegiert", "privilegierter" und "am privilegiertesten" sagen. Das scheint jedoch eher unüblich zu sein. Mit "unterprivilegiert" (für "benachteiligt", aber das Wort klingt nicht so schön) wird
eine Art "negative Steigerung" eingeführt - ungefähr so wie:
"groß", "größer", "am größten" - und "untergroß" für den Gegensatz von "groß" - nämlich "klein".
Dabei denke ich z. B. auch an
"Übergrößen" und
"Untergrößen" bei vom Durchschnitt (von "Durchschnittsgrößen") abweichenden Dingen, die übrigens nicht nur Kleidung und Schuhe betreffen. Hierbei
haben sich diese Wörter mit einer eigenen Bedeutung etabliert, die aus praktischen Gründen sinnvoll ist.
sowohl ... und auch (statt "sowohl ... als auch")
In der MZ
vom 12.10.2016, auf S. 4 ist im Zusammenhang mit einem Bericht über die Probleme mit dem Regieren in den beiden Städten Bonn und Berlin, bei dem "die Effizienz leidet", auch dieser schöne Satz zu lesen:
"Im Berlin/Bonn-Gesetz von 1994 wurde festgeschrieben, dass jedes Ministerium mit einem Dienstsitz sowohl in Bonn und auch Berlin vertreten sein sollte."
"Sowohl ... als auch ..." ist eine feststehende grammatikalische Formulierung, ähnlich wie
"weder ... noch ..." oder
"entweder ... oder ..."
In dieser Gegenüberstellung der jeweils zwei Wörter soll betont werden, dass hier eine Alternative, eine Wahlmöglichkeit zwischen zwei Dingen, Orten, Richtungen usw. vorliegt.
Es gab da früher einmal die scherzhafte Bemerkung, dass man, wenn man die Wahl hat, sich
"entweder - oder" für etwas zu entscheiden, dass man dann gern
"sowohl ... als auch", also am liebsten beides
wählen würde. Demgegenüber schließt das
"weder ... noch" beide Möglichkeiten aus.
In der
Fabel vom Fuchs, der ein Fleischstück im Maul trägt und im Wasser sein Spiegelbild sieht, wird es deutlich: der Bursche kann seinen Hals nicht vollkriegen und will auch das andere Stück schnappen, mit dem Ergebnis, dass er
statt "sowohl das eine als auch das andere Stück" zu fressen, nun
"weder das eine noch das andere Stück" bekommt.
Wenn im Alltag Menschen solche Fehler machen, muss man wohl damit leben. Aber wenn Journalisten ein derart schlechtes Deutsch schreiben, sollte man ihnen Schreib- und Redeverbot erteilen - oder gleich Berufsverbot!
Eine Alternative - auch das wird häufig falsch gebraucht - ist die Auswahl zwischen zwei und nur zwei Möglichkeiten. Vielfach wird allerdings - auch im Duden - unter Alternative auch verstanden, "zwischen zwei oder mehreren Dingen zu wählen". Ich halte das für ein Zugeständnis an längst eingerissene Sprachschludereien.
Das
"sowohl ... und auch" (s. o.) steht zwar noch am Anfang seiner "Sprachkarriere" und es steht zu befürchten, dass diese Schlampigkeit "viral geht", sich ausbreitet zusammen mit der Gedankenlosigkeit der Sprechenden und Schreibenden.
Deshalb kann ich nur flehen: Wehret den Anfängen!
Nachtrag am 05.08.2017
Ich zitiere aus der "Kinderzeitung" der MZ vom 28.07.2017 (es geht um die Frage, wie man Obst und Gemüse unterscheiden kann):
»Rhabarber ist irgendwie beides.
Es gibt aber auch Pflanzen, die sowohl Eigenschaften von Obst und Gemüse haben. Rhabarber zum Beispiel. Der wird zwar zum Gemüse gezählt, kann aber viele Jahre essbare Stiele hervorbringen. Im Prinzip wäre Rhabarber also irgendwie beides.«Die rote Hervorhebung ist von mir. Der Vollständigkeit halber sein erwähnt, dass den Kindern zuvor u. a. erklärt worden war, wie man Obst und Gemüse unterscheiden kann oder eben nicht: Ganz genau kann man das sowieso nicht. Aber es gibt ein paar Tipps, wie man Obst und Gemüse grob auseinanderhalten kann. Ein Unterschied besteht zum Beispiel darin, wie sie wachsen. Zum Obst zählt man Früchte oder Samen von Sträuchern und Bäumen, die mehrere Jahre hindurch wachsen.
Erwartet man nicht an dieser Stelle, dass die Formulierung fortgesetzt wird:
"die sowohl Eigenschaften von Obst und Gemüse als auch von ... haben"?
Es hätte auch genügt zu schreiben:
"... die Eigenschaften von Obst und Gemüse haben."
Ist das die neue Qualität der Spracherziehung der Medien für Kinder?
Der falsche Gebrauch von Präpositionen
In jüngster Zeit fallen mir zunehmend Texte auf, die Präpositionen völlig "kreativ" einsetzen. Hier will ich ein paar Beispiele vorstellen.
Beispiel: Schützt man sich "vor" etwas oder "gegen" etwas?
In der Wikipedia, im Text über die "Rasterbrille", kann man lesen, dass normale Sonnenbrillen
"gegen" UV-Licht
schützen. Richtig ist die Verbindung von "schützen" und "vor":
sich vor etwas schützen.
Man kann natürlich etwas "gegen gefährliche Dinge unternehmen / machen", auch
"gegen die Gefahr, die vom UV-Licht ausgeht", kann man etwas tun: man kann sich
"vor UV-Licht schützen".
Beispiel: Findet ein Wettlauf "mit" oder "gegen" die Zeit statt?
Der Auslöser für diese Frage war ein Artikel in der MZ vom 21.11.2017, S. 24. Dort hieß es:
"Bei der internationalen Suche nach dem verschollenen U-Boot hat ein Wettlauf mit der Zeit begonnen."
Man kann
"mit" anderen um die Wette laufen, man kann in einem Wettlauf
"gegen" jemanden (den Favoriten, einen Freund, ...) antreten.
Doch
"einen Wettlauf mit der Zeit" kann man schwerlich veranstalten.
Wettläufe fanden früher und finden im allgemeinen auch heute noch in der Form statt, dass "Mensch gegen Mensch" antrittt. Man sieht am Ziel, wer der Sieger
ist.
Wenn mehrere Wettläufe - wegen hoher Teilnehmerzahlen oder Vergleich der eigenen Leistungen - ausgetragen werden, findet eine Stoppuhr Anwendung. Dann kann man sagen, dass das Rennen
"gegen die Stoppuhr" ausgetragen wird, oder salopp gesprochen
"gegen die Zeit".
Man kann andererseits
"mit der Zeit gehen". Das hat aber eine völlig andere Bedeutung.
"Öffnen ab" oder "öffnen um" und "geöffnet ab"
Die "Neue Brücke"
Quelle Nr. 24/2017 (29.11.2017) kündigt auf S. 1 mehrere Veranstaltungen an, darunter ist der "Markt der schönen Dinge und Alternativer Weihnachtsmarkt".
Man erfährt:
»Der "Markt der schönen Dinge", vereint mit dem Alternativen Weihnachtsmarkt der Cranach-Stiftung, öffnet am Freitag ab 15.00 Uhr.«
Wann öffnet er nun, wann- um wieviel Uhr - wird die Tür aufgemacht?
Das Öffnen der Tür (das Tür aufmachen) ist ein Ereignis zu einem bestimmten Zeitpunkt, nicht in einem längeren Zeitraum.
Einen Zeitpunkt gibt man mit
"um" + Uhrzeit an.
Einen Zeitraum gibt man mit
"ab" + Uhrzeit oder
"von ... bis ..." an.
Man kann einen Zeitraum auch ohne Uhrzeitangabe mit einer anderen Formulierung beschreiben: "Für 10 Minuten läuteten die Glocken". oder "Während des Mittagsgebetes läuteten die Glocken." oder "In der Nacht sind alle Katzen grau."
Entweder wird der Markt
"um 15 Uhr eröffnet / geöffnet" oder er
"öffnet um 15 Uhr" oder er
"ist ab 15 Uhr geöffnet."
Man kann auch sagen: Der Markt ist von 15 bis 20 Uhr geöffnet.
"Öffnet ab ..." ist Sprachschlamperei.
Eine Möglichkeit, dass diese Formulierng korrekt ist, gibt es:
Wenn z. B. in der Innenstadt Geschäfte verschiedene Öffnungszeiten haben (die Bäcker öffnen um 7 Uhr, der Lebensmittelladen um 8 Uhr, das Modegeschäft um 9 Uhr), dann ist es korrekt, wenn man schreibt:
"Die Geschäfte der Innenstadt öffnen ab 7 Uhr."
Noch mehr Beispiele
"eindeutiger" - statt "genauer"
Im TV-Sender
mdr wurde am 05.04.2023 kurz vor 19:30 Uhr im Wetterbericht verkündet,
dass die Vorhersagen "eindeutiger" werden, je näher der Tag, über den vorhergesagt wird, kommt. Gemeint war offenbar lediglich, dass sie "genauer" werden.
Das Nennen eines Faktes kann "eindeutig" sein oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfolgen:
"Morgen wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit
regnen."
Wenn man aber sagt:
"Morgen wird es (mit Bestimmtheit) regnern.", dann ist das eine "eindeutige" bzw. "genaue" Aussage, dann ist man sich sicher, dass es so passieren wird.
Dann kann man diese Aussage nicht "noch genauer", nicht "noch sicherer" - und erst recht nicht "eindeutiger" formulieren. 100 Prozent genau oder sicher - mehr geht nicht. Natürlich kann man bei ungenauen Angaben fragen:
"Haben Sie die nicht ein bisschen genauer?" - Kein Mensch fragt jedoch:
"Können Sie mir das nicht ein bisschen eindeutiger sagen?"
Mann kann neben
der Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit des Wahrheitsgehaltes einer Aussage auch noch
"doppeldeutig" oder
"mehrdeutig" formulieren. Das gibt der Sprache einen vergnüglichen Reiz, der jedoch bei Wetterberichten nicht so gut ankommen könnte.
Die Formulierung
"doppelte Bedeutung" gibt es an mehreren Stellen dieser Website. Einmal habe ich auch im Zusammenhang mit meiner Wortsammlungs-Gruppe
"doppelt gemoppelt" gespottet:
"doppelter (¿) geht's nicht".
"reibungsloser"
In der Tagesschau am 18.07.2018 ab 20.00 Uhr wurde auch über den Zeitaufwand für Bauprojekte berichtet und wie dieser verkürzt werden kann. Gesagt wurde allerdings, dass diese Projekte zukünftig "reibungsloser" ablaufen sollen.
reibungslos - reibungsloser - am reibungslosesten?
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↑ Anmerkung A1
zum "Steigerungs-Formalismus": allgemein üblich ist der Begriff der "Komparation", den man ausführlich in der Wikipedia nachschlagen kann:
Komparation (Wikipedia)