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SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN

WORTSAMMLUNG VON A BIS Z  - Z


Zuerst die Wortsammlung  - dann Texte zu einzelnen Wörtern:

Zahlungsdiensterahmenvertrag (28), echtes Vier-Wort-Wort
(Schubkasten gaanz laange Wörter)
Zankapfel
Zapfsäulen - auch E-Zapfsäulen bzw. Stromzapfsäulen
Zeichen setzen, klares Zeichen setzen (Schubkasten gefloskelt, mode-deutsch)
zeigen (z. B. in letzter Zeit sehr beliebt: "klare Kante zeigen")
siehe auch Kante

Zeit
Zeitungsente
zelebrieren 
Zentrum
Zerfall, Zerfallserscheinungen
Zertifizierungsverfahren (24)
Ziernieten (modisches Detail an Damenkleidung)
zinssensibel, zinsaffin(Schubkasten markt-deutsch)
Zivilisationskrankheiten
Zucht, züchtig ("und drinnen walter die züchtige Hausfrau")
Zucht und Ordnung, Zuchthaus - (siehe auch Unzucht)
Zucker
Zuckerbäcker, Zuckerwerk (früher für Süßigkeiten, Bonbon)
(Schubkasten alt-deutsch - liebenswert, kurios, selten bis aussterbend)

Zugbildungsanlage (früher "Rangierbahnhof") (Schubkasten neu-deutsch)
Zugewinn
Zugriffsrecht (z. B. auf die Kanzlerkandidatur?)
Zukunftsfähigkeit, Zukunftskompetenz u. a.
"Zukunft gerecht verteilen" (Losung der SPD im Februar 2020)
zurückbauen (meist für "abreißen"), auch Rückbau, Wohnungsrückbau
(Schubkasten beschönigend)
zurückrudern (Lieblingsbeschäftigung von Politikern -
Schubkasten polit-deutsch)

zusammenaddieren (statt "zusammenzählen" = "addieren" - Schubkasten doppelt gemoppelt und dumm-sprech)
Zuständigkeitsbereich (Schubkasten amts-deutsch)
Zuwanderung, Zuwanderungsgeschichte
Zwangsoptimismus (z. B. der " staatlich verordnete" in der DDR)
Zwangsticket (euphemistisch-verbrämend und von bestimmten Leuten lieber "Bürgerticket" genannt: damit ist gemeint, dass alle Bürger ein solches Ticket kaufen müssen, mit dem sie den ÖPVN nutzen können)
Zwangsverrentung
Zwergstaat oder Zwergenstaat? (Schubkasten dumm-sprech)
Zwickelerlass
zwischenzeitlich ( steht zusammen mit "Zwischenzeit" auch im Duden; früher nur umgangssprachlich für "inzwischen" verwendet)
Dieses Wort stellt inzwischen eine echte Bedeutungserweiterung gegenüber "inzwischen" dar, die dt. Sprache ist nuancenreicher geworden mit diesem Wort. Es ist ein Unterschied zwischen "Er ist inzwischen aus dem Haus gegangen." und "Er ist zwischenzeitlich (mal) aus dem Haus gegangen."  Im ersten Beispiel ist er nicht wiedergekommen, im zweiten schon.) (Schubkasten neu-deutsch)

Ausführlichere Texte zu einzelnen Wörtern


• Zeit
zeitig, zeitlos
Zeitgeist, der Zeit bzw. dem Zeitgeist trotzen
Zeitung, Zeitschrift, Zeitgenosse, Zeitvertreib
Gleichzeitigkeit, Relativität der Zeit und Zeitreisen
Zeitsprung, Zeitschleifen
Langzeitexperiment und Kurzzeitwecker
wenn die Zeit "stehenbleibt" oder "stillsteht"
Zeit ist Geld,
die gute alte Zeit,
eine neue Zeit bricht an,
das Zeitliche segnen
(Achtung - neben der üblichen Bedeutung als Euphemismus für "sterben" gibt es ja noch eine wörtliche Bedeutung für "das Zeitliche segnen", diese meint man i. a. nicht, ist aber sehr hübsch.)
• Zentrum
Oh, wie liebe ich solche Formulierungen - die gehen mir runter wie Öl, das ist Sprache in höchster Vollendung, das muss  man laut vor sich hin sagen. Wenn man es lediglich liest,hat es nur die halbe Wirkung:
"Willkommensklasse eines Oberstufenzentrums in Berlin-Kreuzberg" - die hat SDP-Chef Sigmar Gabriel besucht; nein, die wurde von Sigmar Gabriel besucht (siehe MZ vom 26.01.2016, S. 5)
• Zerfall, Zerfallserscheinungen
Nun hat Herr Seehofer sein "Heimatmuseum" (Pardon - das war (s)ein Freudscher Versprecher, gemeint war natürlich sein "Heimatministerium") bekommen. Was muss er jedoch feststellen? Es ist verlottert; geradezu verfallen ist die deutsche Heimat. Ich zitiere aus der MZ vom 04.05.2018, S. 5: »Was Heimatpolitik konkret bedeutet, erläuterte der Minister an anderer Stelle: Dort, wo es regionale Zerfallserscheinungen gebe, müsse gegengesteuert werden. Das sei kein reines Ost-Problem.« Herr Seehofer assoziiert also Heimat mit Zerfall?
"Zerfallserscheinungen" oder "Verfallserscheinungen"- die hatten wir doch nur in der DDR bis 1989. Der Westen war immer sauber, rein, proper, mit glänzender Vorbildwirkung für uns Ossis.
Und nun sind diese "Zerfallserscheinungen" wohl  - fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung - auch auf den Westen übergeschwappt? Die hätte ich dort drüben - im "Gelobten Land" - nie erwartet.
Ist doch klar: Zerfall ist nicht Verfall, basta!
• zinssensibel, zinsaffin
Und auch dieses:
Zinsprognose, Zinsssteigerung, Zinsanlagen, ..."Die zinssensiblen Kunden müssen umdenken."  Diese  Empfehlung des "Vermögensplaners" Volker Nagel von der Volksbank Wittenberg e. G. meint, dass man sein Geld unabhängig vom Zinsniveau für spätere Anschaffungen oder Notsituationen beiseite legen muss.
(Anlass des Interviews im  "Wochenspiegel" Quelle Wosp vom 28.10.2015, S. 6 ist der "Weltspartag".)
Herr Nagel zitiert dann noch  ein Sprichwort:
"Geld ist wie Mist, man muss es streuen."Der Interviewer erwähnt den "zinsaffinen, konservativen Anleger".

Noch einmal Herr Nagel:
Die Zinsprognose unseres genossenschaftlichen Spitzeninstitutes DZ BANK weist nur geringe Zinssteigerungen aus. Wir empfehlen Vermögensteile aus Zinsanlagen in Sach- u. Substanzwerten umzuschichten. Bei einer bundesweiten Aktienquote von nur 13 Prozent scheint hier noch Potential zu sein.
• Zucker
Zur Zeit (Ende Juni 2016) ist der Zucker "in aller Munde". Man stellt plötzlich fest, dass er ja ganz gefährlich ist und dass man mit seiner Hilfe zusätzliche Staatseinnahmen generieren kann. Das Wort "Zuckersteuer" ist ausgesprochen, wie vor Jahren das Wort "PKW-Maut".

Es gibt schöne Wörter rund um den Zucker:
Zuckerrohr, Zuckerrüber, Zuckerfabrik, Zuckertüte, Zuckerstückchen,
Puderzucker, Würfelzucker, Kandiszucker, Zuckersirup, Zuckerkuchen, Vanillin-Zucker,
zuckersüß, überzuckert,

Nun tauchen auch andere, seltene, seltsame Wörter auf:
(gefunden in der MZ vom 29.06.2017)
- Fehleinschätzung über den Zuckergehalt (von Lebensmitteln)
- Zuckerkonsum (32 kg pro Kopf in Deutschland)
- Entwurf für eine Strategie zur Senkung von Zucker,  Fett und Salz in Fertigprodukten (Den hat der Landwirtschaftsminister jetzt vorgelegt, dabei soll er vor der Lebensmittellobby "eingeknickt" sein.)

Der Gipfel der Zuckerwörter ist jedoch:
"1. Deutscher Zuckerreduktionsgipfel" (der fand am 28.06.2017 statt)
• Zukunftsfähigkeit und Zukunftskompetenz
Da muss man hellhörig werden: es gibt ein Institut (das "Prognos-Institut"), das erstellt aller drei Jahre einen "Zukunftsatlas" für deutsche Landkreise und kreisfreie Städte. Darin geht es zum die "wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit" anhand von sage und schreibe 29 Indikatoren.  Dabei werden die Platzziffern 1 bis 402 verteilt. Die vorderen Plätze sind natürlich die der "Gewinner". Auch wer aufgeholt hat, kann sich als "Gewinner" fühlen.
Die meisten Kreise werden von den Aussagen des Atlas nicht überrascht sein. Lösungsvorschläge, wie die "strukturschwachen" Regionen aufholen können, gibt es in dem Atlas ganz bestimmt nicht.
Ich tippe mal auf die Namen der Mitarbeiter des Instituts: das Orakel von Delphi, Kassandra, Hiob, Buchela.
In der kurzen Zeitungsmitteilung (ich werde mich hüten, den ganzen "Zukunftsatlas" zu lesen, der hat sicher mindestens 372 Seiten) der MZ vom 28.05.2016, S. 2 steht übrigens nicht, ab welcher Platznummer einem Kreis die Zukunftsfähigkeit abgesprochen wird. Was macht man eigentlich mit einer Region, die keine Zukunftsfähigkeit
hat?
Das Wort "Zukunftsfähigkeit" ist gefährlich, denn es enthält die indirekte Aussage, dass die betroffenen, "abgehängten" Regionen selbst zu wenig dafür getan haben. Und es stempelt ab in einer  Art "sich selbst erfüllenden Prophezeiung": "das ist eine nicht mehr zukunftsfähige Region" löst die Reaktion aus: da gehen Unternehmen, die sich einen Standort aussuchen können und den Altas kennen, nicht mehr hin: ein Teufelskreis.
Für Sachsen-Anhalt werden in dem MZ-Artikel "Düstere Zukunftschancen für Kommunen und Landkreise" prophezeit - "düstere Chancen", was für eine Wortwahl!
Aber wir haben noch einmal Glück gehabt: die Bundesregierung hat ein "Zukunftsinvestitionsprogramm" aufgelegt.

Zukunftskompetenz
Das Wort sagt so ungefähr das gleiche aus wie das vorherige: Zukunftsfähig ist man nur mit der zugehörigen "Zukunftskompetenz". Kompetenz hat man oder hat man nicht. Besser noch: man selbst hat sie, aber die anderen haben sie nicht.  
In meiner Fundstelle dieses Wortes (MZ vom 06.04.2019, S. 5) geht es um diese Kompetenz der CDU - nicht so sehr um die Frage, ob diese sie hat, sondern mehr darum, dass diese (vorausgesetzte) "Zukunftskompetenz der Union in der öffentlichen Wahrnehmung in den Vordergrund rückt".  Dann hätten wir da noch im Angebot: Zukunftspaket.
• Zwangsverrentung
Diese gesetzliche Regelung der sogenannten "Zwangsverrentung" bezieht sich auf den "frühestmöglichen Renteneintritt" für Hartz-IV-Empfänger und meint, dass der Betroffene - ob er will oder nicht - "in Rente gehen" muss.
Falls dieser Termin bei 60 Jahren liegen sollte, bedeutet das 18 Prozent Rentenkürzung gegenüber dem regulären Renteneintritt mit 65 Jahren  (+ x Monaten). Diese Rentenkürzung ist von den Betroffenen hinzunehmen.
Inzwischen gibt es allerdings auch schon erste Gerichtsurteile, die von den Jobcentern verlangen, dass individuell zu prüfen ist, wieviel Rente dem zwangsverrenteten Rentner noch bleibt.
Weniger als Hartz IV sollte es nicht sein. Die sogenannte "Grundversorgung im Alter" greift nämlich erst mit 65 Jahren (bzw. regulärem Renteneintrittsalter) - und wenn der zwangsverrentete Frührentner noch Hartz IV als Aufstocker beantragen muss (geht das überhaupt?), ist der bürokratische Aufwand wohl zu hoch bzw. man hat statistisch nichts erreicht.
• Zwergstaat oder Zwergenstaat?
Da musste ich schon zweimal hinsehen, als ich in der MZ vom 26.07.2016 auf S. 21 - der KINDERSEITE!, die sich "Galaxo" nennt -  einen Beitrag über den Vatikan las, in dem dieser als "Zwergenstaat" bezeichnet wurde. Wer denkt da nicht gleich an Schneewittchen und die sieben Zwerge - und nicht an umgangssprachlich gelegentliche Verwendung von "Zwerg" für "Klein" - "Zwergstaat" für "Kleinstaat".
Doch hier handelt es sich offenbar um einen ganz dussligen Fehler. Und das auf einer Informationsseite für Kinder! Aber man muss es der MZ nachsehen. Neben dem sicher gerechtfertigt "Zwergenstaat" genannten Gebiet der Hobbits aus "Herr der Ringe" gibt es bei Google-Fundstellen noch mehr Medien, die einen "Zwergstaat" (ein Staatsgebiet mit sehr kleiner Fläche unter 1000 km2) als "Zwergenstaat" bezeichnen. Unter den bisher 5.650 Fundstellen habe ich zahlreiche Medien (Stern, DIE ZEIT, Tagesspiegel u. a.) gefunden, die diesen Fehler ebenfalls machen.  Es steht zu befürchten, dass aus dieser Sprachschlamperei bald "Normalität" werden wird. Wenn sie es nicht schon ist. Mich schüttelt es vor Entsetzen.
Die Wikipedia hat eine Seite "Zwergenstaat", auf der steht (Stand 2016):
"Zu diesem Stichwort ist kein Artikel vorhanden; möglicherweise ist "Zwergstaat" gemeint." Dort - unter "Zwergstaat" erläutert sie, die Wikipedia, dann:
Zwergstaat (auch Mini- oder Mikrostaat, historisch auch Duodezstaat) ist eine Bezeichnung für einen Staat mit extrem kleiner Landfläche. Zwergstaaten sind kleine Kleinstaaten, denen aus politischer Sicht staatliche (Souveränitäts-)Attribute fehlen; so können sie sich beispielsweise militärisch oder außenpolitisch durch einen Nachbarstaat vertreten lassen, während sie sich innenpolitisch selbst verwalten. Also:  "Zwergstaat" ist in der politischen Klassifikation nicht identisch mit "Kleinstaat", er ist ein "kleiner Kleinstaat". Historisch gewachsene Verwischungen zwischen beiden Begriffen sind auch möglich.
In Europa gelten als "Zwergstaaten" z. B.
Andorra, Liechtenstein, Malta, Monaco und San Marino.

Am Rande sei die Frage gestattet, was einen echten Staat auszeichnen sollte: die Selbstreproduktion seiner Bevölkerung gehört meiner Meinung nach eigentlich wesentlich dazu. Und beim Vatikan ist das so eine Sache ...