banner gfp - Nachdenken über GRUNDFRAGEN DER PHYSIK UND DER WISSENSCHAFT
STRUKTUR DER MATERIE

WIRBEL UND WELLE

DAS WIRBELATOM IN DER GESCHICHTE

Nachdem ich in den 1990er Jahren zum ersten Mal das Wort "Wirbelatom" gehört hatte, fragte ich mich natürlich, warum diese Idee bei der Vermittlung der Erkenntnisse zur Struktur der Materie nicht einmal erwähnt wurde.
War dieser Gedanke so unwichtig, so überholt, dass man ihn nicht für erwähnenswert hielt?
Andererseits zeigt doch so eine Sackgasse (wie es offensichtlich das Wirbelatom war) bei der Suche nach geeigneten Modellen, Hypothesen und Theorien sehr gut die Schwierigkeiten, die es bei der Erklärungssuche zu überwinden gilt. Auch das gehört zur Wissenschaftsgeschichte. Die Kreativität der Physiker bei dieser Suche findet in der Idee des Wirbelatoms ein anschauliches Beispiel.

• Wirbelmodelle und Äthermodelle - eine Vorbemerkung
• Das "Kelvinsche  Wirbelatom"
• Was die Encyclopedia Britannica im Jahr 1875 darüber schrieb
• Zahlreiche Physiker beschäftigten sich mit dem Wirbelmodell
• Ein Zitat von G. Chr. Lichtenberg gibt Rätsel auf

Wirbelmodelle und Äthermodelle - eine Vorbemerkung

Wenn in der Geschichte der Physik  von Wirbelmodellen die Rede ist, spielt der Begriff des "Äthers" eine herausragende Rolle.
Mit der "Abschaffung des Äthers" durch Albert Einstein dürfte also klar sein, dass Wirbelmodelle für die Struktur der Materie keine logische Basis mehr haben.
Auch im folgenden, dem Kelvinschen Modelle eines Wirbelatoms spielt natürlich die Frage eine Rolle, worin denn die Wirbel Wirbel sind, woraus die Wirbel bestehen sollen.
Allerdings kann man den Wirbel nicht "wegdenken". Er ist das Bewegungsprinzip im Kosmos, in Flüssigkeiten und Gasen. Man muss also u. U. doch etwas  Ähnliches wie den "Äther" zulassen. Dafür bieten sich sowohl die elektromagnetischen Felder als auch das allgegenwärtige Gravitationsfeld durchaus als "Trägermedium" an.

Das "Kelvinsche  Wirbelatom"

Die Vorstellungen über das so genannte "Wirbelatome", wie es vor allem von Kelvin und Helmholtz entwickelt wurde, waren Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts in der Physik weit verbreitet und auch weitestgehend akzeptiert.
Helmholtz und Kelvin hatten Beobachtungen an Rauchringen angestellt und sie als  Analogie für die "atomare" Struktur der Materie gesehen. Doch das Problem war, eine Begründung zu finden, woher diese "Wirbelatome" ihre Stabilität nehmen.

Details zu den Erkenntnissen von Kelvin habe ich aus einer Sekundärquelle, die ich
in den Quellen-Zitaten vorstelle: das Buch von David Ash und Peter Hewitt "Wissenschaft der Götter".
Aus dieser Sekundärquelle, habe ich vor mehr als 20 Jahren, in der Mitte der 1990er Jahre, die ersten Informationen über dieses Kelvinsche Wirbel-Modell bekommen:
Ash & Hewitt -Zitate

Die Konfrontation mit diesem Modell hatte in mir einen Erkenntnis-Schock ausgelöst. Andererseits passierte mir etwas ähnliches wie David Ash es beschreibt: das plötzliche Begreifen des Erkenntnispotentials, das im Modell des Wirbel liegt. Danach gab es bei mir kein Zurück in den vorherigen Erkenntnisstand.
Denn dieser Erkenntnisgewinn ist ein ausgesprochen lustvolles Erlebnis.
Es ist ähnlich wie beim Lesenlernen - man kann es nicht wieder verlernen bzw. vergessen.

Was die Encyclopedia Britannica im Jahr 1875 darüber schrieb

Die Encyclopaedia Britannica schrieb im Jahr 1875 darüber u. a.:
„... die Wirbelringe von Helmholtz, die sich Thomson als die wirkliche Form des Atoms vorstellt, tun mehr Bedingungen Genüge als jede andere bisherige Vorstellung des Atoms.“ Der Beitrag wurde verfaßt von Maxwell (1831 - 1897) der ebenfalls- so wie auch Kelvin (William Thomson Namen) als Wunderkind galt und einer der „Hauptverfechter der Wirbeltheorie“ war.

Mehr über Maxwells Erkenntnisweg kann man in dem Buch von Banesh Hoffmann
"Einsteins Ideen - Das Relativitätsprinzip und seine Wurzeln"
finden  - siehe Hoffmann, B. - Zitate

Zahlreiche Physiker beschäftigten sich mit dem Wirbelmodell

Neben Maxwell gehörte auch J. J. Thomson (1856 - 1940, der Entdecker des Elektrons) zu den Anhängern dieser Vorstellungen. Er beschäftigte sich mit der Mathematik des Wirbels und suchte nach Erklärungen für chemische Reaktionen im Wirbelbild. Dieser Grundgedanke wurde dann in verschiedenen Arbeiten weiterentwickelt, vor allem mathematisch. Die Physiker
„betrachteten den Wirbel als eine Möglichkeit, mit einem einzigen Modell alles zu erklären, was bis dahin in Physik und Chemie bekannt war.“(aus Ash & Hewitt -Zitate)

Das Problem mit dem Wirbelmodell begann zwar schon mit der Frage, worin denn der Wirbel wirbelt, was die Basis-Substanz für den atomaren Wirbel ist.
Auch die Instabilität von Rauchringen und die daraus abgeleitete Frage nach der Stabilität von Wirbelatomen, die nicht erklärt werden konnte, warfen Probleme auf. Noch schwieriger wurde es, als mit der Entdeckung des Elektrons das Atom nicht mehr als ein unteilbares Ganzes gesehen werden konnte, also auch nicht "ein Wirbel" sein konnte.
Dass damit eigentlich auch das "Teilchenmodell" des Atoms, das "Billardkugel-Modell" nicht mehr funktionierte, ist die andere Seite.

Ich erinnere mich noch sehr genau an einen Satz aus einer Physikvorlesung an der TU Dresden, kann mich leider nicht mehr an den Namen des Professors erinnern, der ihn damals formulierte, sinngemäß:
"Unterhalb des Atoms ist es sinnlos, von »Teilchen« zu reden. Auf dieser Ebene sollte man eher von »Resonanzen« reden.
Doch man spricht trotzdem der Einfachheit halber von »Teilchen«."

(Da ich mich nicht genauer bzw. ausführlicher an seine weiteren Ausführungen zu dieser Frage erinnere, kann ich nur sinngemäß sagen, dass damit die Umrechnung von Energieportionen in Masseinheiten auf der Basis der Masse-Energieäquivalenz gemeint war.)

Ein Zitat von G. Chr. Lichtenberg gibt Rätsel auf

"Die größten Mathematiker haben an den Wirbeln gedreht und gelenkt um sie gehen zu machen. Aber es half alles nichts, sie mussten herunter diese Wirbel und allgemeine Schwere bestieg den Thron und herrscht nun von der Milchstraße bis zur Sonne, und wird herrschen bis ans Ende der Zeit." (aus den "Sudelbüchern", genauere Quelle kann ich nicht angeben)

Dieser Gegenüberstellung von Wirbel und Schwere versuche ich noch auf den Grund zu kommen.