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GOTTBILDER

GOTT, DER HERR

Das Gottbild einer Religion bzw. einer Zeit
spiegelt ihr Menschenbild.

(Ich bewege mich auf dieser Seite wesentlich in der Symbolsprache des Christentums. Das heißt nicht, dass ich daran glaube, dass die Geschichte vom Paradies usw. Tatsachenberichte sind. Ich halte sie für Gleichnisse, Moritaten, Parabeln, Anschauungsmaterial für Menschen, die noch keine umfassende naturwissenschaftliche Bildung hatten.)

In den Anfangstexten der Bibel taucht Gott als Schöpfer der Welt auf. Der "Geist Gottes" findet eine erste Erwähnung - er "schwebte über den Wassern".
Noch freut er sich seiner  gut gelungenen Schöpfung, vor allen Dingen des Paradieses, in dem er das erste Menschenpaar ein langweiliges, eintöniges, zielloses Leben leben lässt. Er habe den Menschen "sich zum Bilde", manchmal auch "nach seinem Bilde" geschaffen. Meist wurde das als die "Gottgleichheit" des Menschen interpretiert.

Wie wird aus diesem Bild eines mit sich und seinem Werk zufriedenen Gottes der Rächer, Richter, Herr-Gott?
Wie kann es passieren, dass das anfängliche Menschenbild sich wandelt hin zu einem schlechten, verdorbenen Menschen, der wie es in der Bibel später heißt, "böse von Jugend auf"A1 sei?

Die Paradiesgeschichte verweist auf die ungehorsamen Menschen - sie haben sein Verbot, von den Früchten eines bestimmten Baumes zu essen, übertreten.
Heute wird zwar im Christentum viel Wert darauf gelegt, dass Gott dem Menschen auch den freien Willen geschenkt hat.
Doch die so genannte "Erbsünde" aus dem Paradies hängt ihm bis heute an.  Damit wird der Mensch zu einem durch und durch schlechten, sündigen, bösen Wesen gemacht, das nur durch die Gnade Gottes "erlöst" werden kann.

Ausgerechnet der Baum der Erkenntnis von gut und böse ist es, von dem sie, die beiden ersten Menschen im Paradies, Adam und Eva, nicht essen sollen.
Warum verbietet dieser Gott etwas, das zu wissen doch so wichtig ist für jemanden, der einen  "freien Willen" hat? Wie und woran soll der unwissende Mensch sein Handeln orientieren, wenn er keine Orientierung hat?

Es ist bekannt, wie das Spiel (Spiel!) endet: mit der "Vertreibung" aus dem Paradies. Hinfort soll der Mensch "im Schweiße seines Angesichts" schuften und selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen.

Doch man kann die Geschichte auch ganz anders interpretieren.
Vor Jahren wies mich ein Philosoph einmal darauf hin, dass es ein beispielloser Akt ist, ein Verbot sozusagen "vorbeugend" auszusprechen. Gesetze, die etwas verbieten, wurden in der Geschichte immer als Reaktion auf Taten, die schädlich für die Gemeinschaft waren, erlassen.
Doch in der Bibelgeschichte vom Paradies wissen die Menschen überhaupt nichts von Moral, von gut und böse, von Verboten. Sie sind durch und durch "unschuldig" - sie wissen nicht einmal, was Schuld ist.

Wenn dann ein Verbot ausgesprochen wird, müssten sie eigentlich neugierig werden: "Wozu so ein Verbot, warum verbietet er uns das?"

Eine "alternative Erklärung" wäre diese:
"Verbotene Früchte schmecken besser." - das ist eine Erfahrung, die wohl auch heute sehr bekannt ist.
Damals hat nicht einmal das Verbot genügt, die Menschen neugierig auf das zu machen, was ihnen da verboten wurde.
Sie waren so unschuldig-naiv in ihrem Denken, sie waren schlichtweg dumm.

Der "liebe Gott" wollte aber offenbar, dass sie die Frucht der Erkenntnis kennenlernen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als diese List mit der Schlange.
Die Symbolik der Schlange ist weltweit zu finden und überwiegend positiv besetzt - als Symbol der Weisheit.
Hier also wurde die Schlange zum Helfer Gottes - sie machte die Menschen neugierig. Neu-gierig. Der Erkenntnistrieb des Menschen wurde geweckt - und begleitet  ihn Gott-Sei-Dank bis zum heutigen Tag.

Nun endlich, mit dieser Neu-Gier, konnte Gott die Menschen in die reale Welt entlassen.

Mit dieser Interpretation wird dann auch GOTTES AUFTRAG verständlich: der Mensch als "Handlanger" Gottes, der ihm hilft, seine Schöpfung weiter zu entwickeln - die "creatio continua" verlangt ständiges Eingreifen in einen Kosmos, der ansonsten - sagen zumindest die Physiker - dem "Wärmetod" eines in der Ferne liegenden thermodynamischen Gleichgewichts ausgeliefet  wäre.

Doch zurück zum "Herrgott"-Bild: Gott erscheint in der ersten Version der Paradiesgeschichte und in den folgenden Interpretationen als Racheengel, als Kontrolleur und Richter für die Taten der Menschen.
Deren Taten werden unter dem Aspekt, es könnten "Sünden" sein, beobachtet und bestraft.
Die Drohungen mit Fegefeuer und Hölle verängstigen.
Die Erbsünde lässt keine Chance, gut zu sein.
Schließlich glaubt der Mensch selbst, "von Natur aus böse" zu sein, wird schließlich gleichgültig gegen moralische Vorgaben.

Und das, obwohl er doch die Erkenntnis von gut und böse mit der Frucht aus dem Paradies aufgenommen hat. Er müsste jetzt selbst wissen, was gut ist und was schlecht. Er braucht niemanden, der ihm das erst sagt und vorschreibt, was er zu tun und was er zu lassen hat.

Eigentlich sollte die "Beichte" etwas ganz anders sein:
Der Mensch erzählt - stellertretend, da er nicht direkt mit Gott sprechen kann - dem Pfarrer oder Priester von seinen Taten.
Und eigentlich sind Menschen i. a. sehr darauf erpicht, für diese Taten gelobt zu werden.  Die Menschen wollen gesagt bekommen, dass das, was sie tun, gut getan ist.
Gern lassen sie sich helfen, wenn etwa noch nicht so gut gelungen ist.
Aber sie wollen, wenn sie in bester Absicht und mit all ihren Kräften etwas geleistet haben, nicht für Fehler bestraft werden.
Auch der Trieb zur Wiedergutmachung eines Fehlers ist dem Menschen in die Wiege gelegt.
Wer das nicht glaubt, beobachte einmal kleine Kinder!
Wie stolz sie zeigen, was sie gemalt oder gebastelt haben. Wie sie sich freuen, helfen zu können.  Wie begierig sie sind, etwas gut oder immer besser zu machen.
Meist erkennen sie sogar von allein, wenn sie etwas nicht richtig gemacht haben. Sie freuen sich, wenn man ihnen hilft, etwas besser machen zu können.

Ich interpretiere das Wort "Richter" im Zusammenhang mit dem Gottbild ganz  und gar anders:
Der Mensch muss viel lernen, will er "Gottes Auftrag" erfüllen.
Oft geht er dabei in die Irre, muss sich korrigieren, neu anfangen, etwas anderes ausprobieren. Der innere Drang zur Erforschung und Gestaltung der Welt  treibt ihn immer weiter. Eine "innere Stimme" sagt ihm, was gut und richtig ist.
In diesem Sinne ist der "Richter" (die innere Stimme) derjenige, der die Orientierung gibt, der den Menschen hilft, in ihren Bemühungen die "richtige Richtung" zu erkennen.

Ein schönes Bild hierfür ist, wenn die Menschen von "Gottes Segen" sprechen, der auf den Handlungen von Menschen ruht.

Ein anderes Wort für diese Richtungsvorgabe ist "optimieren", noch ein anderes "etwas immer besser machen".

Vor Jahren las ich von einem alten Cello-Spieler, der mit weit über 80 Jahren noch täglich übte. Die Leute fragten ihn, warum er das täte. Er antwortete:
»Weil ich das Gefühl habe, noch besser werden zu können.«
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Anmerkung A1 
Siehe Bibel, Altes Testament, 1. Buch Mose, Kapitel 8:
(Es ist die Geschichte um Sintflut und Archebau des Noah:
"21 ... Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten des menschlichen Herzens ist böse von
Jugend auf.
"