SPRACHE UND KOMMUNIKATION - SYMBOLSPRACHE
OUROBOROS
Die Geschichte von
August Kekulè (deutscher Chemiker, 1829 - 1896) ist sicher vielen noch aus dem Schulunterricht bekannt:
Er suchte nach der
Strukturformel für das Benzol. Im Unterschied zur
Summenformel, die nur die Anzahl der einzelnen Atome innerhalb eines Moleküls angibt, kann man in einer so genannten Strukturformel auch erkennen,
wie die einzelnen Atome miteinander verbunden sind, welche Lage sie zueinander haben.
Beim Benzol fand und fand er keine Lösung, die bekannte Summenformel auch strukturmäßig darzustellen.
Dann, eines Tages - so erzählte er zumindestens gern - träumte es ihm, dass vor seinen Augen eine Schlange sich in den eigenen Schwanz biss:
Ich verwende hier spaßeshalber die heutzutage unübliche, wie aus einem Märchen stammende Formulierung "träumte es ihm" statt "er träumte".
Die Abb. ist natürlich nur eine spätere künstlerische Darstellung. |
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(Abb. Wikimedia A1) |
So schön, so gut. Doch diese Geschichte ist unvollständig.
Dass diese sich in den Schwanz beißende Schlange
ein Ur-Symbol in allen Kulturen der Welt ist, erfuhr ich erst mehr als 30 Jahre später.
Zufällig war mir in der hiesigen Bibliothek das
"Lexikon alter Symbole" [Quelle] in die Hand gefallen. Die folgende Abbildung einer Ouroboros-Darstellung (in dem Lexikon "Uroboros" genannt) aus Westafrika habe ich daraus entnommen:

Sie faszinierte mich sofort und ich begann weiter zu recherchieren.
In unserem westlichen, europäischen Kulturkreis findet dieses Symbol heutzutage nur selten Erwähnung.
Ein Gemälde, das
Isaak Newton (1643 - 1726) darstellt, fand ich auf der Rückseite eines Kinderbuches meines Sohnes. Hinter ihm, an der Wand, ist das Bild oder Relief eines Ouroboros zu erkennen:
(Quelle der Abbildung siehe
A2)
Ich glaube, die Bedeutung des Symbols der sich in den Schwanz beißenden Schlange ist nicht schwer zu erkennen.
Auf den Punkt gebracht ist es
die Gleichsetzung von ständiger Veränderung, des "Werdens und Vergehens", mit dem sich ewig gleich bleibenden Sein.
Anders gesagt: nur durch die ständige (Selbst-)Erneuerung der Schlange (des Systems) bleibt sie (es) erhalten, lebt sie (es) ewig.
Auf das "Sein" ganz allgemein übertragen bedeutet das:
Nur, wer oder was in der Lage ist, sich ständig zu erneuern, kann sich erhalten.
Stagnation führt zum Untergang.
Eine ähnliche symbolische Bedeutung trägt z. B. das asiatische
Yin-Yang-Symbol. Der
"Phönix aus der Asche" ist ebenfalls ein Bild, in dem sich Werden und Vergehen zum ewigen Sein verbinden.
Dieses Symbol des Ourobors könnte helfen, dem Paradoxon in der Frage nach dem Anfang der Welt (hat sie einen Anfang ODER ist sie ohne Anfang und Ende - beides "gleichzeitig" geht nicht und jedes für sich geht auch nicht in unseren Vorstellungen) wenigstens einen bildlichen Ausdruck zu geben.
Die Schlange hat als Kreis keinen Anfang und kein Ende UND sie hat mit Maul und Schwanz DOCH einen Anfang und ein Ende.
PS 30.03.2023:
Im "Cradle-to-Cradle®" - Prinzip der Kreislaufwirtschaft wird dieses Symbol praktisch realisiert: siehe dazu z. B. die Website
the-cradle.de 
.
Dort wird ein recycling-fähiges Bürogebäude aus Holz vorgestellt, das im Jahr 2022 in Düsseldorf fertiggestellt wurde.
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↑ Anmerkung A1 Quellenangabe zur
Abbildung des Ouroboros mit dem Benzolring
Auf
commons.wikimedia.org/wiki/File:Ouroboros-benzene.svg 
ist diese obige Abbildung zu finden. Den Künstler / Designer, Eigentümer der Datei nennt sich Haltopub, hat diese Abbildung aus zwei anderen Abbildungen zusammengestellt, sie wurde am 16. November 2013 in der Wikimedia veröffentlicht.
Diese Bilddatei darf beliebig verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden unter der Voraussetzung, dass die Rechte (Creativ-Commons-Lizenz) genannt werden, ein Link auf die Quelle verweist und angegeben wird, ob die Bilddatei verändert wurde..
Meine Veränderung der Originaldatei von 452 x 452 Pixel:
einfache Verkleinerung auf 159 x 159 Pixel.
↑ Anmerkung A2 Quellenangabe zur
Abbildung Newtons mit Ouroboros
Statt einer textlichen Quellenangabe zeige ich hier die gesamte Rückseite
des Kinderbuches,
das den Titel trägt:
Ein APFEL und
Sir ISAAK