Hirschberger, Johannes - Zitate
aus der
Geschichte der Philosophie
Über die früheren Atom- und Wirbelvorstellungen
Auf
Hirschbergers "Geschichte der Philosophie" Quelle habe ich bereits auf der Seite
KAMPF GEGEN "KÖNIG WIRBEL" (in den GRUNDFRAGEN DER PHYSIK UND DER WISSENSCHAFT » STRUKTUR DER MATERIE » WIRBEL UND WELLE) hingewiesen und auch einige Zitate von ihm dort wiedergegeben. Nun gibt es diese hier in erweiterter Form und weitere, ergänzende
Textstellen, die sich mit den Atom- und Wirbelvorstellungen bei Empedokles und Demokrit befassen.
Die folgenden Textstellen sind entnommen aus dem:
1. ABSCHNITT - Die Philosophie des Altertums
1. Kapitel - Die Philosophie der Vorsokratiker
4. Unterkapitel - Die Mechanisten und Anaxagoras: Materie und Geist
(ab S. 38)
(Die einzelnen Textstellen sind in der Quelle mit Rand-Titeln versehen, die ich als Zwischenüberschriften übernehme. Hervorhebungen in den Zitaten von mir - B.K.)
Empedokles - Weltbildung
Demokrit - Das Sein / Die Atome
Demokrit - Das Sein / Die Bewegung
Empedokles - Weltbildung
(S. 40f)
"Interessant ist dabei besonders, wie Empedokles bei der Erklärung der Weltentstehung die Gedanken der Wirbelbildung, der Urzeugung und der morphologischen Entwicklung verwendet. Indem die Liebe die getrennten Elementarteilchen in einem Wirbel zusammenführte, kam es zur Bildung der ersten Weltkörper. Durch weitere Wirbelbildung sonderten sich ab das Himmelsgewölbe, die Luft, der Äther; und durch den Umschwung aus der Erde das Wasser. Durch Einwirkung der ersten Sonnenstrahlen entstanden auf der Erde die ersten Lebewesen. ..."
und
"In der Richtung der eleatischen Philosophie bewegt sich seine Lehre, daß es ein ungewordenes, unzerstörbares, qualitativ unveränderliches Sein gibt, die Elemente. Insbesondere wird die erste Weltperiode ganz eleatisch gedacht. In der Richtung Heraklits aber liegt das ständige sich Mischen und Trennen, das das Werden ausmacht und die übrigen Weltperioden beherrscht. Trotz eines konstanten Seins gibt es bei Empedokles auch Werden und Bewegung. Neu ist der Versuch, das Werden sich zurechtzulegen als ein regelmäßiges und automatisches Geschehen. Darin sowie in der Zurückführung des Werdens auf bloße Ortsveränderung der Elementarteilchen erblicken wir die ersten Ansätze eines mechanistischen Denkens."
Empedokles(ca. 492 - 432 v. Chr.)
stammt aus Sizilien. Wohl auf ihn geht die Idee von den vier Elementen zurück.
Demokrit - Das Sein / Die Atome
(S. 42f)
"Grundgedanke seiner Philosophie ist die Lehre von den Atomen. Auch für Demokrit gibt es ein eingestaltiges Sein, ohne jede qualitative Unterschiedlichkeit.
Aber es ist nicht mehr ein zusammenhängendes Ganzes. Demokrit zerschlägt das parmenideische eine Sein in lauter letzte kleinste Teilchen, die nicht mehr teilbar sind und darum Atome heißen. Wie Empedokles den Begriff des Elementes, bildet Demokrit den Begriff des Atoms aus. Das Atom ist raumerfüllend, undurchdringlich, schwer, es ist ewig und unzerstörbar. Die Zahl der Atome ist unendlich. Es hat keine Qualitäten; alle Atome sind von gleicher Art.
... Zum Atombegriff gehört der Begriff des leeren Raumes. Er muß angenommen werden, sobald es nicht mehr ein einziges zusammenhängendes Sein gibt. Zwischen dem aufgebrochenen Sein liegt dann das Nichtseiende; der leere, nicht erfüllte Raum. Er ist für Demokrit so notwendig wie das Atom:
»Das Etwas ist nicht mehr als das Nichts«"
Demokrit, griechischer Philosoph, der "lachende Philosoph",
ca. 460 - 380 (oder 370) v. Chr
Demokrit - Das Sein / Die Bewegung
(S. 44f)
"Die dritte Komponente in der Welterklärung Demokrits ist der Bewegungsbegriff. Die Atome bewegen sich im leeren Raum. Dreierlei ist für die Bewegung charakteristisch. Sie ist ewig, geschieht »gewaltsam« (bia), d.h. unter Druck und Stoß, und sie ist von selbst (apo tautomatou). Simplikios berichtet darüber: »Sie behaupteten, ewig bewegten sich die von ihnen angenommenen ersten Körper, die Atome, im Unendlich-Leeren, und zwar durch Gewalt« (67 A 16); und Aristoteles sagt: »Es sind einige, welche für unser Himmelsgebäude und für alle kosmischen Dinge überhaupt das Automaten verantwortlich machen; von selbst nämlich würde der Wirbel entstehen und jene Bewegung, welche das All durch Scheidung und Zusammenfügung in die jetzt bestehende Ordnung versetzt haben« (68 A 69). Dem hier wie bei Empedokles schon auftauchenden Wirbelbegriff liegt eine ganz schlichte Beobachtung zugrunde: »Man kann es sehen bei dem Durchsieben von Samen und bei Steinen an der Brandung; denn dort ordnen sich durch das Wirbeln des Siebes gesondert Linse zu Linse, Gerste zu Gerste, Weizen zu Weizen; hier dagegen werden durch den Wogenschlag die länglichen Steine zu den länglichen gerollt, die runden zu den runden, als ob die Ähnlichkeit der Dinge eine gewisse Vereinigung auf sie ausübte« (68 B 164). Wie schlicht auch diese Beobachtung ist, der Wirbelbegriff hat sich gehalten bis in die kosmogonischen Theorien der Neuzeit."
Das hübsche an Hirschbergers Wortwahl "schlicht" ist, daß dieses Wort eigentlich die gleiche Bedeutung hat wie "laminar" gegenüber "turbulent" - zwei Wörter, die im Zusammenhang mit Wirbelbildung von außerordentlicher Bedeutung sind.
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Johannes Hirschberger (1900 - 1990) selbst hatte mich bisher nicht wirklich interessiert. So erfahre ich erst jetzt (Ende des Jahres 2024) bei der Suche im Internet aus der Wikipedia (Stand 10. März 2024) über ihn einige
Details aus seinem Leben:
Er war
"ein deutscher katholischer Theologe, Philologe, Philosophiehistoriker und Philosoph". Interessant ist vor allem die letzte Etappe seines beruflichen Werdegangs: von 1953 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1968 war er an der Universität Frankfurt (Main),
Professor für katholische Religionsphilosophie.
Er war in dieser Zeit auch in der katholischen "Görres-Gesellschaft" aktiv und an der Gründung des "Cusanuswerk" beteiligt, dem katholischen Begabtenförderungswerk.
Seine
"Geschichte der Philosophie" in zwei Bänden (1949 - 1952) gilt - so die Wikipedia über Hirschberger -
"als ein Standardwerk der Philosophiegeschichte und wurde über achtzig Mal aufgelegt sowie in neun Sprachen übersetzt."