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STRUKTUR DER MATERIE

KERNKRAFT: KRAFTZENTRUM UND KRAFTTEILCHEN

(15.03.2023 - ein erster Text)

Herr Professor Harald Lesch hat in einer Alpha-Centauri-Sendung von 2001 (die ich im Februar 2023 sah, der Titel ist mir entfallen) über Atome und Atomkerne gesprochen. Interessant wurde es für mich, als er zur Veranschaulichung der Wirkungsweise von Kernkräften einen Studenten zu Wort kommen ließ, der einen schönen Vergleich für die Wirkung der Kernkräfte geliefert hat:
Man stelle sich zwei positiv geladenen Protonen vor als Kugeln, an denen Spiralfedern angebracht sind - die Abstoßung ist dann vorstellbar wie das Gegeneinanderdrücken der Spiralfedern bei einer zu großen Annäherung der beiden Kugeln resp. Protonen aneinander. Wenn sich die Kugeln zu nahe kommen, wieso halten sie trotzdem zusammen?
Der Student meinte, man könne sich das mit zwei Magneten vorstellen, die in den Kugeln sind und die bei entsprechender Annäherung dann die Federkraft überwinden. Die Magnete funktionieren nur im ganz kleinen Radius.

Diese Analogie zum mechanisch-magnetischen Kräftegleichgewicht faszinierte mich, auch wenn ich natürlich nicht weiß, für welche atomaren Phänomene in diesem Bild die Spiralfeldern und die Magnete stehen sollen.A1
Soweit ein kleiner Einstieg ins Phänomen der Kernkräfte.

Bei meinen entsprechenden Recherchen stieß ich auch auf das spannende Bild des "Kraftzentrums". Somit gibt es zwei Modelle bzw. Vorstellungen davon, wie die Kernbausteine zusammenhalten könnten:
Das Kraftzentrum und das Kraftteilchen (Trägerteilchen)

Im Folgenden will ich beide Bilder zur Wirkung der Kernkräfte gegenüberstellen. Vorerst gibt es erste Informationen über

Das Kraftzentrum

Wenn wir heutzutage von Kernkräften reden, überwiegt die Vorstellung von den "Kraftteilchen".
Das Bild vom "Kraftzentrum" ist weitestgehend aus dem wissenschaftlichen Sprachschatz verschwunden und - so sollte man daher meinen - höchstens noch von historischem Interesse.
Dieser Begriff des "Kraftzentrums" erlebte vor mehr als einhundert Jahren seine Blütezeit.

Zuerst möchte ich einige Informationen, die ich darüber finden konnte, vorstellen.

• Das Kraftzentrum der Helene Bender im 19. Jh
• Alice Baileys Bild vom Atom schließt das Kraftzentrum ein


Das Kraftzentrum der Helene Bender im 19. Jh.

Ich zitiere aus Rudolf Eislers Philosophenlexion, S. 52-53 Quelle:
Bender, Helene, geb. 1854. = B, macht den »Versuch einer Neubegründung der großen einheitlichen Weltanschauung Spinozas unter Zuhilfenahme der Atomistik und einer freien selbständigen Auffassung der Kantschen Lehren von der Idealität des Raumes und der Zeit« (gemäßigter Idealismus). Das (nicht positiv erkennbare) Ding an sich ist das Unbedingte, die Substanz im Sinne Spinozas, welche als Substrat der einzelnen Dinge, ihrer Akzidentien denknotwendig ist. Die göttliche Substanz ist »ein allen nur bedingt realen Erscheinungen gemeinsam zugrunde Liegendes, alle Dinge samt allen ihren Relationen in sich Begreifendes.« Raum und Zeit sind subjektiv, aber objektiv bedingte Anschauungsformen. Die (dynamisch gedachten) Atome sind nur relativ selbständige Kraftzentren, nicht Dinge an sich. (rote Hervorhebung im Text von mir - B. K.)

Alice Baileys Bild vom Atom schließt das Kraftzentrum ein

Alice Bailey (1880 - 1949) hier zu erwähnen, könnte so etwas wie "wissenschaftlicher Selbstmord" sein, hat sie doch eher in so genannten "esoterischen Kreisen" einen Namen.
Interessant wurde sie für mich, als ich von ihrem Buch "Das Bewusstsein des Atoms" hörte.
Der Titel war spannend, denn die Frage, auf welcher evolutionären Entwicklungsebene der Materie das Bewusstsein erstmals auftritt, ist wohl bis heute nicht wirklich beantwortbar: Inzwischen wissen wir, dass auch Tiere Bewusstsein haben und sogar Selbstbewusstsein entwickeln. Aber haben auch Pflanzen so etwas wie Bewusstsein, oder Bakterien und andere Einzeller?
Es zeigt sich, wenn man diesen Gedanken weiter spinnt, dass keine Grenze nachweisbar ist, an der der Sprung von der unbewussten zur bewussten Materie stattfindet bzw. stattfinden könnte.
Konsequenterweise hat Bailey die Entstehung  bzw. das Vorhandensein von Bewusstsein auf die kleinste damals bekannte materielle Einheit, das Atom, verlegt.

Heute würde man ggf. statt "Bewusstsein" lieber "Information" sagen und die Frage anders formulieren:
Wie sieht Information auf atomarer Ebene aus?

Auch Bailey hat sich in ihrem Buch zum "Kraftzentrum" geäußert. Ich zitiere hier nur einige kurze Stelle beispielhaft und als Beleg, dass das "Kraftzentrum" damals wirklich allgemein anerkannt war.
(Das Buch selbst und die Texte, auf die ich mich im folgenden beziehe, werde ich später an anderer Stelle etwas ausführlicher vorstellen. - Die roten Hervorhebungen im folgenden Text sind von mir - B.K.)„Damals wurde das Atom als eine unteilbare Substanzeinheit angesehen; jetzt wird es als Energiezentrum und elektrische Kraft erkannt. Die Evolution der Substanz führt uns ganz natürlich zur Evolution der Formen oder der Anhäufung von Atomen und dadurch eröffnet sich die interessante Betrachtung von solchen Formen, die sich von rein materiellen unterscheiden ...”

„Lassen Sie [20] uns einen Augenblick überlegen, was mit den Worten «evolutiver Prozess» gemeint ist. ...
Eine der treffendsten Definitionen, die mir untergekommen sind, besagt, dass «Evolution die Entfaltung einer stetig zunehmenden Reaktionsfähigkeit ist». Hier haben wir eine sehr einleuchtende Begriffsbestimmung bei der Betrachtung der Manifestation des Materieaspektes. Sie beinhaltet das Konzept der Schwingung und der Reaktion auf Schwingung, und selbst wenn wir mit der Zeit den Begriff «Materie» aufgeben und stattdessen vielleicht «Kraftzentrum» sagen wollen, bleibt das Konzept doch gültig und die Reaktion des Zentrums auf Stimulierung wird sogar noch genauer [21] erkennbar."

"Die Definition des Atoms (nach dem «Standard Dictionary») heisst nun: «Ein Atom ist ein Kraftzentrum, eine Phase elektrischer Phänomene, ein Energiezentrum, aktiviert durch seine eigene innere Struktur, das Hitze oder Strahlung abgibt.» Ein Atom sei deshalb (wie Lord Kelvin 1867 annahm) ein «Wirbel-Ring» oder Kraftzentrum und nicht ein Partikel dessen, was wir als berührbare Substanz verstehen. Dieses allerletzte Partikel der Materie ist jetzt erwiesen worden als aus einem positiven Energiekern zusammengesetzt, der wie die Sonne von den Planeten von vielen Elektronen oder negativen Korpuskeln umgeben ist ..."
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   Anmerkung A1
Diese Vorstellung des Studenten von den Kernkräften war für mich Anlass, das Thema bzw. den Seitennamen für diese Frage der Kräftewirkungen im Atom zu ändern von früher
         KRAFTZENTRUM - ATTRAKTION UND REPULSION
auf
         KERNKRAFT: KRAFTZENTRUM UND KRAFTTEILCHEN

In dem Zusammenhang kam es auch zu einer Änderung des Dateinamens (alt: gfp35_kraftzentrum.html).