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SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN

DAS KLATSCHWEIB - KEINE PUPPE, ES IST NUR ...

ÜBER DIE RECHTE WAHL DER WORTE UND DIE MACHT VON DEFINITIONEN

Das zauberhafte Märchen von "Gockel, Hinkel und Gackeleia" von Clemens Brentano  ist - fürchte ich - heutigentages kaum noch bekannt:
Gackeleia, das kleine Mädchen, hat unbeabsichtigt einen Schaden angerichtet. Ihr Vater bestraft sie, in dem er ihr für alle Zeit verbietet, eine Puppe zu besitzen. Die heimliche Sehnsucht des Mädchens nach einer Puppe ist riesengroß. Das gibt einem Gauner die Gelegenheit, sich an sie heranzumachen und ihr für den kostbarsten Familienbesitz, den "Ring des Salomo", eine aufziehbare Puppe anzudrehen. Natürlich folgt das Unglück auf dem Fuß. Der Vater in seiner Strenge will nun das Mädchen bestrafen, weil sie sein Verbot übertreten hat. Das Mädchen beharrt auf dem Spruch, der wie ein Mantra mehrfach von ihr wiederholt wird, während ihr Vater sie züchtigt:
                   "Keine Puppe, es ist nur eine schöne Kunstfigur."

Diese kleine Geschichte soll der Einstieg sein zu einer Sammlung von Beispielen, bei denen es um die rechte Wahl der Worte und die Macht von Definitionen  geht.
Eine geeignete Begriffswahl  kann verschleiern, beschönigen, verniedlichen, beleidigen, lügen, verwirren, verharmlosen, diskriminieren, manipulieren, sie kann sogar zerstörerisch sein.
Deshalb ist es sinnvoll, die hinter der einen oder anderen Wortwahl (Begriffsbildung) stehende Absicht des Sprechers bzw. Schreibers sichtbar zu machen.  
Das will ich auf dieser Seite versuchen.

Natürlich berührt diese Frage  die Sprache geistiger Herrschaftssysteme, also von Ideologien. Demagogen sind geradezu Meister dieser zweckgerichteten, manipulativen Begriffswahl. Letztlich geht es ihnen dabei um das Verschleiern ihrer wahren, ihrer eigentlichen Absichten.

Auch im ganz normalen Alltag kann es mitunter zweckmäßig sein, "seine Worte mit Bedacht" zu setzen: eine kleine "Notlüge", ein "Verharmlosen" kann entkrampfen, den Familien- bzw. Gruppenfrieden retten.

Das Gegenstück zur Beschönigung, Verschleierung und Verharmlosung ist die "Hass- und Hetzsprache":
Nicht nur in diversen politischen Gruppierungen, auch neuerdings in den anonymen "sozialen Medien" wie Facebook, Twitter und Co. oder im alltäglichen Zusammenleben gibt es immer wieder Menschen, die mit einer Hass- und Hetzsprache andere  Menschen vorsätzlich wütend oder traurig machen, beleidigen, aufhetzen, kränken, verletzen. Das Wort "Hurensohn"  lässt diese Absicht ziemlich gut erkennen.
(Zu dieser Spezifik menschlichen Sprechens wird es ggf. eine gesonderte Seite geben.)

In der WORTSAMMLUNG VON A BIS Z habe ich bereits einige Beispiel notiert.
Hier will ich nun diese und weitere Beispiele sammeln:
        - "Abschiebung von Flüchtlingen" wird zur "Rückführung" (Febr. 2017)
            (siehe in der Wortsammlung: A#Abschiebung und  FLÜCHTLINGE)
         - vegetarische und vegane Wurst
         - Kulturförderabgabe
         - "Flüchtlinge mit terroristischen Absichten"
         - Betonkrebs
         - Flüchtlingskrise (anstatt z. B. Flüchtlingskatastrophe)
         - Obergrenze
         - Steuervermeidung und Steuersünder
         - unterernährt
         - unterprivilegiert

vegetarische und vegane Wurst

Ei, ei, diese Veganer: da wollen sie kein Fleisch und keine Wurst mehr essen, aber sich bewusst und vorsätzlich selbst belügen, indem sie nach Wurst aussehende und ähnlich wie Wurst schmeckende Produkte zu sich nehmen.
Brauchen die das? Oder sind hier nur clevere Produzenten auf eine "Marktlücke" gestoßen, wohl wissend, dass es immer Leute gibt, die das auch kaufen, was angeboten wird?  "Vegetarisches Schnitzel" oder "vegane Currywurst" aus Soja oder Gemüse - stellen Sie sich Dieter Nuhr vor, der jetzt sagen könnte: "Wie bescheuert ist DAS denn?" 

Bisher sah ich in diesem Spezialangebot, das in extra Kühlbereichen angeboten wird und nicht etwa direkt neben den "echten" Fleisch- und Wurstwaren, kein Problem. Nun aber hat der Ernährungsminister (Hoho, so was haben wir? Oder ist der nur eine "Kunstfigur"?)  Christian  Schmidt festgestellt, das diese Begriffe "komplett irreführend" seien und die Verbraucher "verunsichern" täten (Dieses grauenvolle "täten" ist vorsätzlich gewählt, um das Niveau dieser Meinung zu karikieren.), sogar von "Verbrauchertäuschung" ist die Rede.
Das Oberdumme daran ist (so schreibt die MZ vom 29.12.2016, S. 20): "Erkenntnisse darüber, dass Kunden über Fehlkäufe klagen, weil sie statt Hähnchengeschnetzeltes irrtümlich Soja in den Einkaufswagen gelegt haben, gebe es dagegen nicht, sagt Strecker." (Till Strecker vom Vegetarierbund Deutschland)

Nun kommt ein interessanter Aspekt der Sprache ins Blickfeld, der Informationsgehalt eines Wortes:
Strecker meint weiter: "... wenn eine Bezeichnung wie „Schnitzel“ ersetzt werden müsse, gingen damit viele Informationen jenseits des Fleischgehalts verloren, die Kunden auch mitdächten: Etwa zu Form, Zubereitungsweise und dass man es meist nicht zum Frühstück esse."
Auf zwei Argumente wird verwiesen, die ich als "Semi-Vegetarierin" (mein Fleisch-, Wurst- und Fischkonsum liegt bei ca. 12 kg pro Jahr) sehr gut verstehe:
Die Gewohnheit  zum einen spielt eine Rolle und  dass es beim gemeinsamen Essen in der Familie einfacher ist, wenn anwesende Vegetarier so tun, als würden sie das gleiche wie die anderen essen.
Hier ist es auf einmal die "Kunstfigur", die so tut, als wäre sie ein Puppe.

Es hat den Anschein, als würden mit dieser Diskussion Probleme herauf-beschworen, die gar keine sind.
"Fleisch- und Wurstersatz" gibt es übrigens bereits seit dem 19. Jh., allerdings früher wohl eher aus der Not geboren als aus Gesundheitsbewusstsein oder aus Protest gegen Massentierhaltung.

Was sagt uns das?
Will der Ernährungsminister nur den Vegetarieren eins auswischen? Gesponsert von der Lobby der Massentierhalter?
Denn vielleicht kommen Nichtvegetarier auf die Idee, diese Produkte einmal zu kosten und dann öfter zu kaufen. Das wäre ziemlich bedrohlich ...

Die "Kulturförderabgabe"

Hinter diesem Wort steckt die Absicht, auf jede für kulturelle Zwecke erworbene Eintrittskarte eine Zusatzgebühr zu erheben, die an die Stadtverwaltung Wittenberg abzuführen ist. Ausgedacht hat sich diesen Horror - genau! - jemand aus der Stadtverwaltung.
Geplant waren 20 Prozent auf eine Eintrittskarte. Was mit dem Geld geschehen soll, steht dabei gar nicht im Vordergrund bzw. es soll in der allgemeinen Haushaltsführung aufgehen.
Eine "Kulturförderung" kann es nicht sein, denn mit dieser Preissteigerung werden kulturelle Veranstaltungen für noch mehr Wittenberger als bisher unerschwinglich. Das bedroht (!) die Existenz der betroffenen kulturellen Einrichtungen.
Damit würde diese "Kulturförderabgabe" nicht der "Kulturförderung" dienen, sondern sich als "Kulturvernichtung" auswirken. Damit fällt dieser Begriff unter die verschärfte Form des Euphemismus, den zynischen Euphemismus.
Sachlich korrekt wäre eine "Kulturstraf-Abgabe".
Wenn man eine zusätzliche Kulturförderung - wie der Begriff suggerieren möchte - finanzieren will, kann man das dafür nötige Geld nicht aus dem kulturellen Bereich selbst, sondern nur  von außerhalb des kulturellen Bereiches eintreiben.
Doch dafür ist diese "Kulturförderabgabe" gar nicht gedacht, sie soll im Stadtsäckel landen und für beliebige andere Zwecke benutzt werden.

Es gab vehementen Protest von Kulturschaffen und Bürgern und ich bin einmal gespannt, wie diese im Jahr 2016 losgetretene Schweinerei in den kommenden Jahren weiter gehen wird.

Eine Bettensteuer  ("Kulturförderabgabe auf touristische Übernachtungen") war  ebenfalls im Gespräch.  Auch von einer "betrieblichen Tourismusabgabe"  bzw. von einer "Fremdenverkehrsabgabe" war einmal die Rede.
Offenbar ist die Hotel-Lobby stärker als die Kultur-Lobby, denn die Bettensteuer ist vom Tisch gewischt, steht nicht mehr im Plan.  An deren Stelle will man über eine "Kurtaxe"  Geld eintreiben. Damit das möglich ist, will sich Wittenberg als Erholungsort einstufen lassen, dafür muss nur noch die Kurstättenverordnung von Sachsen-Anhalt entsprechend verändert werden. Nichts leichter als das.

Hier haben wir also gleich mehrere "Kunstfiguren" zur Auswahl.
Dabei ist die "Puppe" jedoch immer die gleiche: Wie kann man den nach Wittenberg kommenden Touristen das Geld aus der Tasche ziehen?

"Flüchtlinge mit terroristischen Absichten"

Ein Flüchtling ist in der allgemeinen Erklärung (siehe Wikipedia - Flüchtling, eingesehen am 12.10.2016): "Als Flüchtling bezeichnet man eine Person, die ihre Heimat gezwungenermaßen verlassen musste und in absehbarer Zeit nicht dorthin zurückkehren kann."
In der engeren Definition der Genfer Flüchtlingskonvention werden die heute zahlreich auftretenden weiteren Fluchtursachen (Krieg, Bürgerkrieg, Hunger, Verödung der Region, so dass nicht mehr ausreichend Nahrung verfügbar ist, ...) noch gar nicht direkt erwähnt.
Hier die Definition der Genfer Konvention (dito aus Wikipedia Flüchtlinge)»Nach der Genfer Flüchtlingskonvention gilt als Flüchtling eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt“. Menschen, die aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention als Flüchtlinge anerkannt wurden, werden auch als Konventionsflüchtlinge bezeichnet.«
Wenn nun jemand sich unter die Flüchtlinge mischt, weil er terroristische Absichten im Zielland in die Tat umsetzen will, ist er nach diesen Definitionen  kein Flüchtling. Er hat sich lediglich "als Flüchtling verkleidet".
Wenn man ganz akribisch sein will, kann natürlich in absolut seltenen Fällen die Terrorabsicht und die objektive Notlage zur Flucht zusammen treffen. Aber auch dann würde ich es vorziehen, einen Terroristen einen Terroristen zu nennen und nicht Flüchtling.

Eine solche Vermischung von Bezeichnungen, die ganze Gruppen letztlich diskreditiert, gibt es in allen möglichen Berufen und sozialen Stellungen.
Ich will es an einigen Beispielen aufzeigen:
Die berüchtigte Gegenüberstellung von "Deutschen" und "Juden" enthält ein ähnliches - durchaus auch logisches - Problem: Wenn man zwei Bezeichnungen zur Auswahl hat, will der Kopf nach dem Schema "entweder - oder" entscheiden:
entweder Deutscher oder Jude. Die reale Möglichkeit des "sowohl - als auch" wird oft vergessen.
Es gibt "deutsche Juden", "französische Juden", "russische Juden" usw.. Mit dieser Wahl der Bezeichnung wird der Schwerpunkt darauf gelegt, dass Juden  eine Ethnie, eine Nationalität, eine Religion sind, die "übernational" existiert. (Man kann hier auch nicht von "-stämmig" sprechen, wie es z. B. bei einem USA-Bürger ist, der "deutschstämmig" ist, also einen "deutschen Migrationshintergrund" oder "deutsche Vorfahren" hat.)
Man kann andersherum die Zugehörigkeit zum jeweiligen Volk betonen: der jüdische Deutsche. Das betont gleichzeitig die heterogene Zusammensetzung des deutschen Volkes: es gibt,wenn man das Kriterium der Weltanschauung bzw. Religion darstellen will unter allen Deutschen, auch die christlichen (katholischen, evangelischen, freikirchlichen) Deutschen, die atheistischen Deutschen, muslimische Deutsche  und die Riesengruppe der weltanschaulich-religiös gleichgültigen Deutschen.
Wenn wir schon "ein Volk" sein wollen, sollten wir unsere Heterogenität anerkennen!

Diese Definitionsfragen haben sogar etwas mit Mathematik, mit der Mengenlehre zu tun. Ich mache es ganz kurz:
1. Beispiel:
Die Menge A hat die Elemente a1, a2, a3.
Die Menge B hat die Elemente b1, b2, b3.
Es gibt in diesem Fall keine Schnittmenge - man kann A (Äpfel)  und B (Birnen) nicht vergleichen.

2. Beispiel:
Die Menge W hat als Elemente alle Wittenberger Bürger.
Die Menge C hat als Elemente alle Christen in Deutschland.
Hier gibt es eine Schnittmenge zwischen beiden, das sind die Menschen, die sowohl Christen als auch Wittenberger sind, die christlichen Wittenberger oder die Wittenberger Christen.
Bei dieser Schnittmenge gibt es zwei Möglichkeiten, die Elemente zu bezeichnen. In diesem Fall entscheide ich also mit der Verwendung der einen oder der anderen Formulierung, ob ich die Betonung auf "Wittenberger" oder auf "Christen" lege. Beides ist erst einmal - formal mathematisch - gleich.

Auf die obigen Beispiele angewandt, könnte ich also wählen:
Wenn ich von einem Terroristen spreche, der sich unter die Flüchtlinge gemischt hat, betone ich seine Zugehörigkeit zur Gruppe der Terroristen. Der Flüchtlingsstatus unter den Terroristen ist einer von vielen. Das Primäre ist das "Terrorist-Sein". Mit der Betonung der Zugehörigkeit zu den Flüchtlingen wird der Terrorist sozusagen zu einem "normalen Gruppenelement" in der Gruppe der Flüchtlinge, obwohl er die Ausnahme ist.
Man weiß auch von deutschen, norwegischen und von Terroristen anderer Nationalitäten. Rede ich deshalb gleich von den "Deutschen mit terroristischen Absichten"?
Man sollte schon alle Terroristen in eine Gruppe stecken, unabhängig davon, was sie sonst noch sind!

Übrigens kann man die Zuordnung zu Gruppen noch weiter ausdehnen: ostdeutscher männlicher fußballiebender katholischer kinderloser jugendlicher arbeitsloser Raucher. (Oder: ... Katholik, .... Ossi, ... Mann, ... Raucher usw.)
Es geht aber auch:
ostdeutscher männlicher fußballiebender katholischer kinderloser jugendlicher arbeitsloser rauchender Mensch.

Beispiele für euphemistische (beschönigende) Wortwahl:


• Betonkrebs 
Das Wort steht für eine Pfuscharbeit mit der Suggestion, dass hier etwas aus sich heraus "krank" sei und nun "geheilt" werden muss. Krankheitsbezeichnungen auf etwas anzuwenden, das nichts mit echten Krankheiten zu tun hat, ist übrigens eine beliebte Methode der gezielten "Falsch-Wort-Wahl".

• Flüchtlingskrise  (anstatt z. B. Flüchtlingskatastrophe)
Dieses Beispiel macht eine sehr egoistische Sichtweise auf eine Situation sichtbar: Die "Krise" ist bei uns, die "Katastrophe" dahinter blenden wir lieber aus.  Mit dem Wort "Krise" wird die tatsächliche Situation in der Welt euphemistisch umschrieben, verniedlicht und - da wir ja laufend "Krisen" zu überwinden haben - nicht in ihrer Einzigartigkeit sichtbar.

• Obergrenze oder Richtwert
Dieses Wort wird garantiert das nächste "Unwort des Jahres".
Gemeint ist die Begrenzung der Zahl für nach Deutschland einreisende Flüchtlinge aus Kriegs-, Krisen- bzw. Notgebieten der Welt. An dem Wort haben sich politische Diskussionen entzündet, da Frau Merkel diese Obergrenze als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ansieht. Also muss nun ein anderes Wort her.
In der Wochenzeitung "Die Zeit", in "ZEIT ONLINE", habe ich in einem Beitrag "Ein Kurswechsel kündigt sich an" vom 20.09.2016 die passende, konzentrierte Aussage zu dieser Sprachregelungsfrage gefunden:
(siehe www.zeit.de/politik/deutschland/2016-09/soeder-kurswechsel-merkel-obergrenze »externer Link«  Hervorhebungen im Text von mir - B.K.)
»Streit um die Obergrenze geht weiter
Von einer Obergrenze für Flüchtlinge will Söder nicht abrücken. "Die Obergrenze ist keine Form der Rechthaberei. Der Begriff ist ein Symbol dafür, dass das bisherige System nicht funktioniert und dass es sich ändern muss", sagte er. Angela Merkel lehnt eine Obergrenze ab. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat unterdessen einen Kompromiss zwischen CSU und CDU angeschoben. "In dem einem Punkt, wo CDU und CSU nicht beisammen sind,müssen wir jetzt zügig eine gemeinsame Sprachregelung finden", sagte Hasselfeldt der Rheinischen Post. "Ob Obergrenze, Richtwert oder Orientierungsgröße – CDU und CSU haben das gleiche Ziel: die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren und zu begrenzen."«

• Steuervermeidung und Steuersünder
Mit dem Wort "Steuervermeidung" werden (mehr oder weniger legale) Tricks bezeichnet, die eigentlich schon in die Kategorien "Steuerhinterziehung" bzw. "Steuerbetrug" gehören.
Der Begriff "Steuersünder" verharmlost den Tatbestand einer kriminellen Handlung. Für die Sünder ist die Kirche zuständig, die uns ständig einredet, dass wir alle Sünder sind. Also sind auch "Steuersünder" gar nicht so schlimm.
Es sind aber Betrüger, Verbrecher bzw. Kriminelle, und zwar nicht bloß kleine Taschendiebe.

• unterernährt
Die heutzutage so bezeichneten Menschen haben zu wenig zu essen, hungern oder sterben sogar an Folgekrankheiten, die durch zu geringe Nahrungsaufnahme entstehen. Das hinter diesem Wort sich versteckende Problem ist, dass es in vielen Ländern oder Regionen zu wenig Nahrung für alle Menschen gibt, dass die Preise für Nahrungsmittel zu hoch sind, als dass sie von den Armen bezahlt werden können. Das Wort wird also beschönigend für "Hunger" oder gar "Hungersnot" eingesetzt.

So etwas gab es bei uns auch, kurz nach dem 2. Weltkrieg. Damals wurden z. B. "unterernährte Kinder" zum Aufpäppeln zur Kur geschickt.

So etwas ähnliches gibt es bei uns auch heute noch. Dafür arbeiten dann viele ehrenematlich in "Tafeln" und "Suppenküchen". Dort werden nicht mehr verkaufbare Lebensmittel kostenlos abgegeben. Gerazu zynisch ist es, wenn man dann z. B. ein Fahrzeug, das Lebensmittel abholt und zu diesen Einrichtungen schafft, auch noch als "Glücksbringer" bezeichnet.

• unterprivilegiert
Dieses "Gegenwort" zu "privilegiert" verharmlost die Tatsache, dass die so bezeichneten Menschen benachteiligt  werden. Hierbei bitte ich den Unterschied zu beachten auch gegenüber eine Formulierung wie "benachteiligt sind".
Ja, nun gibt es allerdings auch die "Überprivilegisierung", was immer damit gemeint sein soll.
Der Wortakrobatik rund um "Privilegien" widme ich mich ausführlicher in der WORTSAMMLUNG VON A BIS Z - P