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ZWANZIGSIEBZEHN - DER 500. JAHRESTAG DES BEGINNS DER REFORMATION

WELTGESCHICHTE REFORMATION


In der Geschichtsschreibung ist es verpönt, zu fragen
"Was wäre (anders) geschehen, wenn ...?"
Z. B.: "Was wäre in der Weltgeschichte anders gelaufen, wenn die Atombombe erst 10 Jahre später (oder nie) erfunden worden wäre?"
Man kann nämlich nie wissen, wie sich die Ursachen-Wirkungen-Ketten dann entwickelt hätten, ob eine Verhinderung einer schlimmen Sache nicht in späterer Zeit wesentlich schlimmere Ereignisse hervorgerufen hätte, als es im realen Geschichtsverlauf geschehen ist.

Zu Luthers Lebzeiten hätte sich kein einziger Mensch vorstellen können, dass es 100 Jahre später zum 30-jährigen Krieg als Spätfolge der Reformation kommen könnte.

Man muss den geschichtlichen Prozess, den realen Lauf der Geschichte "alternativlos" betrachten, mit allen Schrecknissen, Rückschlägen und vor allem ihren fortschrittlichen Entwicklungen.
Das bedeutet noch nicht, dass die Geschichte damit ihren "bestmöglichen" Verlauf genommen hat, genauso wenig wie wir "in der besten aller möglichen Welten" leben. Oder leben wir doch in einem sozusagen "optimierten Geschichtsverlauf", der in der Lage ist, auch zukünftige (mögliche) Ereignisse in diese Optimierung einzubeziehen?

Deshalb bringt es auch nichts zu fragen, wie die Weltgeschichte ohne Luthers Thesen und ohne Reformation verlaufen wäre.
Man kann nur aus der Ursachen-Analyse (Warum kam es überhaupt zur Reformation?) und der Folgen-Analyse (Welche positiven und welchen negativen Folgen für den Verlauf der Geschichte hatten die Ereignisse, die man heute im Begriff der "Reformation" darstellt?) Erkenntnisse über historische Zusammenhänge und über Hintergründe historischer Ereignisse und Motive der handelden Subjekte gewinnen.

Wir erleben in Vorbereitung des 500. Jahrestages des "Beginns der Reformation" eine einmalige Bejubelung eines historischen Ereignisses, in der die sachlich-objektiven Fakten eher geschönt, als dass sie exakt analysiert werden.

Vor langer Zeit - und ich kann leider die Quelle nicht mehr nennen - habe ich gelesen, die Reformation wäre sozusagen als Bewegung gegen die Bestrebungen der Renaissance / des Renaissance-Humanismus zu betrachten. Seitdem hat mich dieser Gedanken beschäftigt, hat er doch eine gewisse Logik. Vielleicht war auch damals die Zeit noch nicht wirklich gekommen für die Gedanken und Ziele der Renaissance.

Ich frage mich also: Warum war Luther mit seinen Gedanken so erfolgreich, warum hatten Melanchthon und Erasmus von Rotterdam demgegenüber keine Chance, ihre Ideen und Ideale umzusetzen?

Ein Prinzip für den Verlauf historische Prozesse ist, dass sich letztlich nur so viel bzw. nur das durchsetzt, was aus ökonomischer und machtpolitischer Sicht nützlich ist.
Die Beantwortung der Frage "Wem nützt es?" kann bei einer Analyse historischer Prozesse deren Hintergründe sichtbar machen.
Leider sind bis heute noch immer die geistigen, kulturellen und sozialen Nützlichkeiten demgegenüber nur untergeordnete  Aspekte - oder sind sie doch die eigentlichen Triebkräfte, werden aber in Geschichtsanalysen vernachlässigt?

Luther hat sich mit den Fürsten verbunden, deren Interessen vertreten gegenüber der Vorherrschaft der katholischen Kirche.  In diesem Sinne war es sekundär, welche theologischen Ideen er vertreten hat. Luther war nur das brauchbare Werkzeug der Machtelite.

Wenn es also eine Lehre aus den Ereignissen vor 500 Jahren geben kann, dann diese:
Man muss für zukunftsweisende Ideen zuerst Interessenten im politischen und ökonomischen Machtbereich finden. Die werden dann schon dafür sorgen, dass man auch die Massen (das Volk) für diese Ideen gewinnen kann.
Es gab einen kläglich gescheiterten Versuch, Geschichte zu schreiben  unter Ausschaltung der Machteliten. Die "Klassenkampflehre" des Marxismus  - die die Arbeiterklasse zur neuen führenden gesellschaftlichen Kraft machen wollte - gehört in den Mülleimer der Geschichte.

Seltsam, auf was für Gedanke man kommt, wenn man die "Lehren aus der Geschichte", aus den Ereignissen von vor 500 Jahren zieht.

Vorerst bis hierher. Dieses Thema gehört fortgesetzt.