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DIE BESTEN GEDANKEN AUS VISIONEN - ÜBER DIE ZUKUNFT DER WELT

24 THESEN FÜR EINE NEUE FRAUENBEWEGUNG
VON SABINE LICHTENFELS


Die "24 Thesen einer neuen Frauenbewegung" von Sabine Lichtenfels sind in meinen Augen ein wunderbares Zeugnis weiblichen Wissens, Denkens und  Erkennens. Wenn das, was sie in ihren Thesen als wünschenswerte Beziehungsformen beschreibt, wahr würde, hätten wir sicher eine friedliche und lebenswerte Zukunft zu erwarten. Mag man sich im Detail  zu der einen oder anderen Formulierung eine bessere vorstellen können, diese Thesen sind  auf alle Fälle eine  sehr gute Diskussionsgrundlage für Beziehungsfragen der Zukunft. Jedenfalls haben sich Politiker und Politikerinnen bis heute kein annähernd so gutes Zukunftsmodell einfallen lassen.

Diese Thesen sind  Mitte der 90er Jahre entstanden. Sicher ist die Grundposition von Frau Lichtenfels vielen relativ fremd.  Das hat eine einfache Ursache: sie  lebt im " weiblichen Wissen, Denken und Erkennen" in einer so ausgeprägten Weise,  wie sie selbst den Frauen in  unserer Gesellschaft fremd ist. Wer also mehr wissen möchte über dieses weibliche Wissen, Denken und Erkennen, findet es in ihren Thesen und in ihren Büchern.

Hier der  vollständige Text der 24 Thesen, wie ich ihn aus der Website  www.tamera.org »externer Link« im Februar 2006 heruntergeladen habe. Ein Blick auf die ganze Seite und auch auf die Seite der  Partnerprojektes www.zegg.de »externer Link« (einer alternativen Lebensgemeinschaft nördlich von Lutherstadt Wittenberg, in Belzig) ist durchaus empfehlenswert.

Im Jahr 2013 erhielt ich im Rahmen eines Newsletters eine Datei in pdf-Format  "Imagine" ("Stell dir vor" - Visionen für eine bessere Welt), die ich hier mit aufnehme: imagine_tamera.pdf. Auf 10 Seiten werden -  mit Fotos und Zeichnungen unterstrichen - Visionen in zehn Bereichen vorgestellt. Einige der Bilder sehen ein klein wenig kitschig aus, doch für mich zählt die Idee, die dahinter steht: ein Bild von einer guten  Welt zeichnen.
Besonders anrührend finde ich die  Fotos auf den Seiten 6 und 9: ein Mann schmust mit einem Löwen (These von der "gemeinsamen Evolution allen Lebens"), ein Soldat hält ein Baby im Arm (These der Weigerung, "Feinde zu sein").

Präambel
1. Die positive Überwindung des Patriarchats
2. Beendigung des Geschlechterkampfes
3. Solidarität unter Frauen
4. Gemeinschaft der Zukunft
5. Die sexuelle Natur der Frau
6. Die Frage der Verhütung
7. Kinder
8. Liebe und Treue
9. Partnerschaft
10. Jugend
11. Berufsbildung
12.Ergänzung statt Hierarchie
13. Netzwerke des Friedens
14. Tiere
15. Ökologie
16. Religion
17. Wiederkehr und Wandlung
18. Die Kunst des Träumens
19. Die Kunst des Denkens
20. Wissenschaft und Forschung
21. Die Integration der Wut
22. Austritt aus der Opferrolle
23. Weiche Macht 
24. Affirmation Präambel Dies sind 24 Thesen für eine neue Frauenbewegung. 24 - das ist im I-Ging "Die Wiederkehr. Die Wendezeit". Das Prinzip der Wiederkehr ist ein Grundprinzip uralten matriarchalen Denkens. Eine Kultur des Friedens kommt an einer Rückbesinnung auf matriarchale Quellen nicht vorbei. Mögen diese Thesen beitragen, dass eine stille revolutionäre Kraft in uns Frauen wächst, ein Stolz und eine revolutionäre Entschlossenheit zu politischem spezifisch weiblichem Handeln, das sich unbeirrbar einsetzt für dieses Leben. Es geht uns vor allem um ein neues Verhältnis zu diesem irdischen Daseinsraum, und wir besinnen uns neu auf den Ursprung der Materie, der Magna Mater.
Diese Thesen sind auch für Männer geschrieben. Mehr oder weniger waren wir alle mal Mann mal Frau in der Geschichte. Wir suchen die Befreiung des weiblichen Denkens und Handelns auf dem Planeten überhaupt, die Reintegration der weiblichen Seite in uns allen. Mögen die Männer uns in unserem neuen Schritt unterstützen und die Befreiung sehen, die auch für sie darin liegt, denn von dem richtigen Zusammenspiel zwischen Männern und Frauen hängt so vieles ab.

1. Die positive Überwindung des PatriarchatsDie Männerherrschaft hat über 3000 Jahre lang die Geschichte geprägt und dabei das Prinzip der harten Kraft aufgebaut. Die Macht männlicher Gesellschaften bestand im Brechen von Widerständen. Das äußerte sich in den Eroberungszügen, den Religionskriegen, den Erziehungsmethoden und den Methoden der Technik im Umgang mit der Natur. Durch diese Methoden ist der heutige Mann selbst in eine innere Sackgasse geraten, aus der er ohne weibliche Hilfe nicht mehr herausfindet. Wir wollen keine alten matriarchalen Strukturen wieder aufbauen, wir wollen auch nicht die Männer erneut dominieren oder bevormunden. Frauenmacht ist nicht gegen den Mann gerichtet und nicht gegen unsere Liebe zu den Männern, sie verläßt aber entschlossen diejenigen männlichen Strukturen, die zu der weltweiten Vernichtung des Lebens und der Liebe beigetragen haben. Der Planet Erde konnte nur in diesen elenden Zustand geraten, weil wir Frauen mitgemacht haben, bzw. es erduldet haben. Wir haben unsere Fähigkeit der Geduld an der falschen Stelle eingesetzt. Die aktive Beteiligung der Frauen am Patriarchat lag in ihrem Entzug und ihrem Dauerschweigen, das ihnen allerdings durch Folter und Verfolgung mit den schlimmsten Mitteln aufgezwungen wurde. Ohne unsere weibliche öffentliche Stellungnahme findet niemand mehr aus der Sackgasse heraus. Es liegt jetzt an uns Frauen, die politische und sexuelle Verantwortung wieder anzunehmen, die so lange gefehlt hat. Wir laden alle engagierten Männer ein, sich unserer Friedensarbeit anzuschließen.
2. Beendigung des GeschlechterkampfesEs kann auf der Erde keinen Frieden geben, solange in der Liebe Krieg ist. Die Entstehung gewaltfreier Kulturen kann nur eintreten, wenn der Geschlechterkampf gründlich überwunden wird. Frauen werden sinnliche Räume und Begegnungsformen aufbauen, in denen sich die Geschlechter auf neue Weise begegnen und dadurch erkennen können. Sie folgen dabei dem Prinzip der Polarität und Ergänzung, der erotischen Anziehung und Einlösung. Sexualität ist hierbei ein wesentliches Element der Erkenntnis und der Solidarität. Frauen besinnen sich hierfür auf ihre eigenen weiblich matriarchalen Quellen und Kräfte. Daraus folgt der Aufbau einer partnerschaftlichen Kultur.
3. Solidarität unter FrauenFrauensolidarität ist die Grundlage einer neuen Frauenbewegung und einer gewaltfreien Kultur. Es geht um eine Solidarität, die auch dann standhält, wenn zwei Frauen denselben Mann lieben. Neben dem Aufbau unserer vielfältigen Liebesbeziehungen pflegen wir den Kontakt und die Gemeinschaft unter Frauen. Unser Konkurrenzkampf untereinander hört auf, weil wir nicht mehr privat lieben und keinen Mann mehr für uns alleine haben wollen. Dieses Denken gehört nicht zur weiblichen Natur, es wurde uns im Laufe der Geschichte durch die Treuegebote und die Besitzansprüche des Mannes aufgezwungen. Wir haben da mitgemacht und unser natürliches Denken aufgegeben. In dem entstehenden neuen Frauenfeld kommen Frauen zusammen, die entschlossen sind, eine neue weibliche Kultur aufzubauen. Wir werden grundsätzlich eine Politik der Liebe betreiben, und dafür sorgen, dass sie sich vermehrt. Wir pflegen unsere Freundschaft und Gemeinsamkeit durch die Teilnahme an den Themen dieser Welt. Wenn Frauen um diese neue Solidarität überall auf der Erde jetzt schon wüßten, was für eine womanpower da entstehen könnte! Winnie Mandela, Wangari Maathai, Dhyani Ywahoo... Wenn die Winnie Mandela solche Gefährtinnen gehabt hätte, hätte sie sicher nicht diese schrecklichen Dinge getan, die man ihr nachsagt.
4. Gemeinschaft der ZukunftDie natürliche Einbettung des Menschen ist die Gemeinschaft. Gemeinschaften sind die organischen Keimformen der zukünftigen Gesellschaft. Frauen werden sich erinnern an ihre stammesbildende Funktion in der Geschichte. Sie treten aus allen Privatverhältnissen aus und nehmen ihre universelle Aufgabe wieder auf. Sie schaffen soziale und ökologische Räume, in denen das Leben auf gesunde Weise entstehen und wachsen kann. Diese Räume sind die Gemeinschaften und Heilungsbiotope der Zukunft.
5. Die sexuelle Natur der Frau Die Frau bejaht ihre sexuelle Natur und übernimmt Verantwortung dafür. Sie verbindet sich wieder mit dem sexuellen Paradies der Erkenntnis, aus dem sie der patriarchale Gott vertrieben hat. Dieser patriarchale Gott wurde erfunden zur Unterdrückung der Frau und der Sexualität. Indem die Frau ihre sexuellen Impulse bewußt gestaltet und gesellschaftlich integriert, beginnt ihre wirkliche Emanzipation und ihre besondere Würde als Frau. Sexualität braucht zur Entfaltung Wahrheit und Vertrauen. Sie braucht die Überwindung der Verachtung, die eine Wurzel in der männlichen Impotenz hat. Die Frau weiß das und tut auf ihre weiche Art einiges dafür, die Männer von ihren heimlichen Impotenzsorgen zu befreien. Eine wesentliche Wurzel für die Gewalt in der Gesellschaft liegt in der nichtgelebten Sexualität. Frauen werden die Lösung dieses Themas nicht länger den Männern überlassen.
6. Die Frage der VerhütungNatürlich übernimmt die Frau der Zukunft die Verantwortung für die Frage, ob sie Kinder auf diese Welt bringt oder nicht. Darüber darf kein Papst mehr zu Gericht sitzen. Durch die direkte Beziehung zur eigenen weiblichen Natur und Sexualität werden Frauen ohne viel Messungen, ohne Pille und Diaphragma wieder wissen, wann sie empfänglich sind und wann nicht. Wir setzen solche Mittel aber ein, solange sie gebraucht werden. Durch Aufklärung, sexuelles Wissen und Selbstkenntnis werden Abtreibungen in den Gesellschaften der Zukunft wohl nicht mehr vorkommen. Wir lassen sie uns aber von keinem Papst oder höherem Richter verbieten, da, wo sie aus sozialen Gründen noch nötig sind. Selbstverständlich sollen geliebte und erwünschte Kinder diese Erde bevölkern.
7. Kinder Es gehört zur sexuellen Natur von Frauen, dass wir Kinder gerne gebären. Die Zukunft der Menschheit entscheidet sich an unseren Kindern. Wir werden mit entschlossener und weicher Kraft Schutzräume für die Kinder aufbauen, wo diese neugierig und angstfrei auf die Welt zugehen können. Dazu brauchen die Kinder mehrere Bezugspersonen, die für sie Verantwortung tragen. Sie brauchen mehrere Kinder, mit denen sie gemeinsam aufwachsen. Sie brauchen Mütter und Väter, die sich untereinander nicht mehr bekriegen und denen sie deshalb vertrauen können. Schafft den Kindern eine Heimat - das ist ein wesentliches Paradigma weiblichen Denkens.
8. Liebe und TreueLiebe kann nicht eingezäunt werden. Liebe ist keine Privatsache. Das weiß die neue Frau. Du kannst nur treu sein, wenn du auch andere lieben darfst. Treue bewährt sich nicht durch die Ausschließung sondern durch die Einbeziehung anderer. Das ist ein selbstverständliches Prinzip einer neuen weiblichen Ethik. Eifersucht gehört nicht zur Liebe, sondern zu einem krankhaften System von Verlustangst und Mißtrauen. Für die Verwirklichung freier Liebe und dauerhafter Treue brauchen wir Gemeinschaften, in denen Wahrheit, Transparenz und Vertrauen entstehen können. Die Befreiung der Liebe von Angst, Einengung, Anklammerung und falschen Treueschwüren geschieht durch Vertrauen. Treue entsteht dort, wo wir selbst uns entscheiden, dem, was wir lieben, treu zu werden und dafür öffentlich einzutreten. Wenn eine Frau im Zustand der Liebe ist, kann sie niemals verlassen werden.
9. PartnerschaftPartnerschaft ist ein hohes und noch wenig erreichtes Ziel in der menschlichen Evolution. Sie ist die höchste Stufe in der Entwicklung frei liebender Menschen. Das gilt für die Partnerschaft der Geschlechter überhaupt und es gilt für die Partnerschaft zwischen einer Frau und einem Mann. Partnerschaft basiert auf dem Prinzip der Ergänzung, statt auf dem von Herrschaft oder Nivellierung. Partnerschaft basiert auf dem Prinzip der Freiheit, statt auf dem der Umklammerung. Partnerschaft basiert auf der Eigenverantwortung der beiden Partner. Partnerschaft kann nur entstehen in einem geistigen Feld der Liebe, das nicht mehr gebunden ist an Bedingungen. Partnerschaft verlangt deshalb die Emanzipation beider Geschlechter.
10. Jugend Eine neue Frauenbewegung wird der Jugend eine positive Orientierung geben. Sie wird nicht mehr dulden, dass revolutionäre oder ökologische Bewegungen am Thema Liebe einfach vorbeigehen. Sie wird dafür sorgen, dass durch politische Arbeit die Chancen der Liebe vergrößert werden. Sie wird durch ihre politische Arbeit die Menschenrechte schützen, zu denen gehört das Recht auf Liebe. Sie wird dafür sorgen, dass sich Jugendliche wieder gerne an der Politik beteiligen, weil Politik etwas mit Liebe und Anteilnahme zu tun hat. Sie wird ein neues Konzept der Liebe weltweit zum Thema machen. Sie wird dafür sorgen, dass Jugendliche genügend Vertrauenspersonen finden für ihre intimsten Fragen, Sorgen und Wünsche. Sie wird ihnen selbstverständlich für alle sexuellen Fragen Wege und Orientierungen aufzeigen.
11. Berufsbildung Frauen werden die sogenannten männlichen Berufe nicht mehr nur den Männern überlassen. Sie werden weibliche Qualitäten und Denkweisen in alle Forschungsbereiche einbeziehen: das sind vor allem die Qualitäten der weichen Kraft, der weichen Auflösung von Widerständen, der Kommunikation statt Abgrenzung, der Integration statt Kollision. Diese Qualitäten werden von den Frauen nicht nur in den sozialen Bereichen entwickelt, sondern auch in den politischen, den technologischen, den wissenschaftlichen. Auch Technologie und Wissenschaft brauchen ein anderes Denken, um auf neue Weise mit Widerständen und Widersprüchen umgehen zu lernen. Eine gewaltfreie Kultur beginnt mit gewaltfreiem Denken.
12. Ergänzung statt Hierarchie
In ihren Berufen folgen Frauen dem Prinzip der Ergänzung statt dem Prinzip der Hierarchie. Sie werden dafür sorgen, dass jede Art von Unterdrückung ein Ende hat. Es ist ihre Aufgabe, in einer Gemeinschaft jede Person zu sehen, zu begleiten und in ihrem Werdeprozeß zu unterstützen. In einer Gemeinschaft hat jede Person eine eigene öffentliche Funktion und Aufgabe, die sie entdecken und annehmen kann. Erfahrene Frauen werden sie auf diesem Weg selbstverständlich unterstützen. Frauen entwickeln durch Teilnahme und Unterstützung ihre natürliche Autorität, an der sich andere orientieren können.
13. Netzwerke des FriedensEngagierte Frauenherzen leben für die Überwindung aller Ismen und Dogmen, denn diese dienten letztlich immer der Unterdrückung von Lebenswahrheiten und der Verdrängung der Sexualität. Frauen folgen dem Prinzip der Öffnung und der Anteilnahme. Durch ihre kreatürliche Sinnlichkeit helfen sie, die Grenzen der Angst und der daraus folgenden Gewalt zu überwinden. Sie beteiligen sich aktiv am Aufbau eines internationalen Friedensringes: ein Netzwerk des Herzens, das über allen Religionen, Weltanschauungen und Parteizugehörigkeiten steht. Womanpower: das ist die friedenschaffende Kraft der weichen Macht. Nicht mehr die alte Macht, Leben zu vernichten, sondern die Macht, Leben zu erzeugen, zu bewahren und weltweit zu schützen.
14. TiereEs gibt ein weibliches Wissen über die Verbundenheit aller Lebewesen. Frauen verbinden sich wieder mit ihrem Instinkt von Schutz, Pflege und Wärme für alles Lebendige. Wir lösen diese Fähigkeiten von jeder Sentimentalität und setzen sie definitiv der Wirklichkeit von jedem Schlachthof, jeder Pelzfarm und jedem Tierlabor entgegen. In diesem Punkt gibt es keinerlei Toleranz mit den bestehenden Tötungseinrichtungen der patriarchalen Kultur. Es geht hier nicht um persönliche Schuldzuweisungen, sondern um die Entwicklung von konsequenten Perspektiven, die aus dieser Sackgasse hinausführen. Kannibalen haben Menschen gefressen, unsere Zeitgenossen fressen Tiere und Tierkinder. Irgendwann wird man merken, wie gering der Unterschied ist. Alles, was Augen hat in der Evolution, will leben, sehen, erkennen, teilhaben an diesem Wunder der Schöpfung. Augen sind für die Neugier da. Es ist absurd, solche jungen Wesen, die noch ganz am Anfang ihrer Erkenntnis leben, kontaktlos zu töten, um sie zu essen. Eine neue Frauenbewegung ist dazu da, um aus diesem Wahnsinn auszutreten. Ein entschiedenes Nicht-mehr-mitmachen gehört mit Sicherheit zu ihren Erkennungsmerkmalen. Was wir den Lebewesen antun, kommt immer auf uns zurück. Das gehört tief zum alten und neuen Frauenwissen. Es gibt nur ein Sein, und was wir unseren Mitgeschöpfen antun, das tun wir immer auch uns selber an. In einer neuen Frauenbewegung setzen wir alle unsere geistigen und sexuellen Mächte ein, damit diese Massaker an uns und unseren Mitgeschöpfen ein Ende haben.
15. ÖkologieÖkologie ist die Lehre vom gemeinsamen Wohnen aller Mitgeschöpfe. Der Mensch hat dieses Wohnen gestört, er muß es jetzt wieder heilen. Die Dinge müssen wieder durch einen Sinn gesehen und verbunden sein, damit der Mensch sie lieben und pflegen kann. Solange das Leben des Menschen so sinnlos geworden ist, kann er unmöglich die Natur heilen. Heilung der Natur bedeutet Heilung des Menschen und umgekehrt. Die Umweltkrise der Natur und die Inweltkrise des Menschen sind zwei Seiten derselben Sackgasse und können nur in dieser Zusammenschau gesehen und gelöst werden. Gewaltfreie Forschung ist Kommunikationsforschung. Weibliches Arbeiten in der Natur ist Kommunikation mit allen Wesen. Weibliches Gärtnern ist spirituelle Ökologie in so elementarer und selbstverständlicher Form, dass uns schon das Wort "spirituell" etwas komisch vorkommt.
16. ReligionFrauen verbinden sich auf neue Art mit dem ursprünglichen Impuls der Schöpfungsreligionen. Sie folgen dabei keinem Glaubensdogma, keinem Katechismus und keiner Kirchenlehre. Es gibt aber einen religiösen Urimpuls, den sie lieben, weil er zum Leben gehört. Sie haben keine Religion mit Gott an der Spitze, denn ihre Religion ist das Leben selbst. Sie pflegen den sakralen Charakter der Welt in der Aufmerksamkeit für die einfachsten Dinge und das Geheimnis, das ihnen allen innewohnt. Es gibt Wahrnehmungsbereiche des Lebens, die stehen jenseits von Definition und Diskussion. Frauen werden aktiv neue archetypische Kräfte der Schöpfung abrufen, die Heilkraft für die Seele haben. Sie werden dem alten männlichen Götterhimmel, durch den soviel Unheil auf die Erde kam, eine weibliche Ablösung und neue Richtung anbieten.
17. Wiederkehr und WandlungFrauen werden den Gedanken vom zyklischen Charakter aller Dinge wieder ins Bewußtsein rufen. Dazu gehört auch der Gedanke der ewigen Wiederkehr. Sie werden für ein neues Verhältnis zu Tod und Wiedergeburt sorgen und der Erforschung dieser Zusammenhänge eine hohe Aufmerksamkeit schenken. Auf dass wir wieder Verbindung haben zu der Frage, woher wir kommen und wohin wir gehen. Frauen holen ein Stück Ewigkeit auf die Erde, indem sie trotz allen Neuerungen mit dem Rhythmus und dem Prinzip von Wandlung und Wiederkehr verbunden bleiben. Das drücken sie auch in alltäglichen Tätigkeiten aus, indem sie immer, wenn sie etwas Neues begehen, geistig an den Ursprung zurückkehren und von da aus das Neue entstehen lassen. Das ist die eigentliche Quelle für echte und gewaltfreie Radikalität: an die Wurzel gehen.
18. Die Kunst des TräumensFür die Entwicklung und Verwirklichung der gewünschten Ziele eignen sich Frauen bestimmte Methoden der Kraft an. Eine der Methoden ist die Erlernung des bewußten Träumens. Das Träumen ist eine aktive Tätigkeit unseres wachen Geistes, ebenso wie Mathematik oder Computerwissenschaft, nur findet sie in einem anderen Raum statt, und die wesentliche Bedeutung dieses Bewußtseinsraumes ist von der männlichen intellektuellen Welt vergessen worden. Im geschulten Träumen erfahren wir uns als Quelle der Schöpfung, d.h. als Quelle und Urheber der Dinge, von denen wir hinterher glauben, sie seien ohne uns entstanden und wären außerhalb von uns als objektive Gegebenheit. Wer es lernt, seine Träume bewußt zu gestalten und zu verändern, hat einen wesentlichen Schlüssel für die Gestaltung und Veränderung der Wirklichkeit, vor allem zur Überwindung der eigenen Angst und Gewalt.
19. Die Kunst des DenkensAus Gedankenkraft entstehen neue Wirklichkeiten. Die Kunst des Denkens gehört zur schöpferischen Existenz des Menschen. Mit der Kraft des männlichen intellektuellen Denkens wurde eine Wirklichkeit geschaffen, deren Ende wir heute vor Augen haben. Es war ein einseitiges, ein lineares und gewalttätiges Denken. Frauen werden das intellektuelle Denken aufgreifen und neu verbinden. Sie treten in eine neue Schule des Denkens ein, das eine andere Wirklichkeit schafft. Die Denkkraft muß sich mit der Herzkraft verbinden. Frauen glauben nicht an lineare und starre Gesetze, sondern an bewegliche. Sie fördern nicht länger das nomothetische Weltbild, sondern ein offenes und liebevolles, eines, wo möglichst viele Wesen beheimatet werden können. Sie denken nicht an eine Wahrheit an sich, sondern an eine bestmögliche Entwicklungsmöglichkeit für alle. Sie denken mit für zukünftige Generationen und haben keinen kategorischen Imperativ mehr außer dem einen: alles Leben braucht Kontakt, braucht Aufmerksamkeit und Pflege.
20. Wissenschaft und ForschungAus dem Gesagten ergibt sich eine leitende Rolle der Frau für neue Weichenstellungen in allen Wissenschaften. Frauen werden neue Orientierungen und Maßstäbe setzen. Sie werden z.B. die Frühgeschichtsforschung des Mannes durch spirituelle Archäologie ergänzen. Frauen waren ja maßgeblich beteiligt an dem Wissen, mit dem sie damals ihre Steinkreise errichtet, ihre Kranken geheilt und ihre Toten bestattet haben. Die Frau trägt dieses matriarchale Wissen, welches all diesen Epochen zugrunde lag, ja in sich selbst, als zelluläre Information, so wie diese Information in der Materie selbst, der Mater, überall abrufbar vorhanden ist. Mathematik bedeutet ursprünglich Mutterweisheit. Wir haben die Möglichkeit, ein umfassendes Wissen in uns abzurufen und neue Erkenntnisformen aufzubauen, die zwar auch verbunden sind mit linearer Logik, aber vor allem mit ganzheitlicher Schau und Erinnerung. Die Frau wird sich an Systeme der Technik erinnern, die nicht darauf aus waren, Widerstände der Natur mit Gewalt zu brechen. Sie wird maßgeblich beteiligt sein, auch im Bereich von Forschung und Technologie, das bisherige Prinzip der harten Kraft und der Widerstandsbrechung zu ersetzen durch ein weiches Prinzip der Resonanztechnologie.
21. Die Integration der Wut Wenn wir auf diese Jahrtausende alte Männerkultur zurückschauen, und wenn wir sehen, wie heute noch fast überall derselbe Wahnsinn herrscht, Wahnsinn in der Liebe, Wahnsinn in der Technologie, Wahnsinn im Umgang mit Kindern und Tieren, Wahnsinn im Krieg, dann stellt sich uns die Notwendigkeit einer inneren Umkehr. Wir können nicht mehr schweigen. Es ist zuviel. Zuviel Blut ist geflossen und fließt immer noch. Wir können aber auch nicht unserer Wut darauf einfach freien Lauf lassen, denn dann würde noch mehr Blut fließen. Wir müssen, das ist unser zweiter kategorischer Imperativ, wir müssen unsere Wut umformen zu einer Energie, die vor keinen Widerständen mehr haltmacht und sich durch nichts auf der Welt mehr einschüchtern läßt. Es ist eine stille, eine große, eine sehr entschlossene Energie. Aus jeder Revolution ist bisher neue Unterdrückung entstanden. Das darf nicht mehr passieren, indem wir unsere Wut von Anfang an anders nutzen. Für die Beendigung der sexuellen Gewalt, für die Beendigung aller Leiden, die der Mensch, vor allem der männliche, mit unserer Duldung so lange und so furchtbar an aller Kreatur vollzogen hat. Nicht mehr gegen etwas sondern entschlossen für etwas. Wir brauchen die Kraft der Wut, aber nicht mehr als Kraft gegen die Männer, nicht mehr als Kraft eines antimännlichen Feminismus, sondern als Kraft zu bedingungslosem Schutz allen Lebens. Männer, die hier anders denken, auch unsere Geliebten, werden hier radikal umlernen müssen.
22. Austritt aus der Opferrolle Frauen werden immer entschlossener austreten aus dem Glauben an ihre Opferrolle. Frauen sind von ihrem Wesen her nicht Opfer, sondern Erzeugerinnen ihrer Wirklichkeit. Jede Frau, die ihre Macht über Männer kennengelernt hat, hat die Möglichkeit gespürt, diese Macht zu mißbrauchen oder sie einzusetzen für eine andere Wirklichkeit. Frauen haben eine biologische und natürliche Autorität, die ihr kein Mann streitig machen wird, wenn sie es nicht selbst so will. Wenn wir nur Opfer gewesen wären, könnten wir uns heute nicht auf unsere Kraft besinnen. Noch ist die Wirklichkeit anders. Noch gibt es überall auf der Welt reale Täter und reale Opfer. Wir werden unsere Erkenntnis, dass es eine Möglichkeit gibt, aus der Opferrolle auszusteigen, nutzen, um für möglichst viele einen solchen Freiraum zu schaffen. Wir werden diese Erkenntnis nutzen, um etwas zu unternehmen für die Menschen, die in einer Situation der realen Gewalt leben. Diese These wird den verantwortlichen Trägerinnen Kraft und Orientierung geben, am Aufbau neuer sozialer Strukturen zu arbeiten. Also fangen wir an, diese uralte weibliche Kraft, aus der Kulturen entstanden sind, wieder aufzubauen. Ich als Frau bin nicht Opfer, nicht Objekt. Wir sind nicht mehr dazu da, die bestehenden Strukturen zu dulden, sondern sie zu verändern. Überall in der Welt soll der Gedanke der weichen Macht aufgenommen und weitertragen werden.
23. Weiche MachtWeiche Macht ist die Macht, Widerstände durch Herzkraft zu überwinden und Schwierigkeiten durch Leichtigkeit zu nehmen. Wir brauchen dafür entweder ein jahrtausendelanges Training im Zen-Buddhismus - oder wir nutzen die Kräfte, die wir Frauen von Natur aus haben. Weiche Macht ist ein Ordnungsprinzip, dem sich auf die Dauer auch die härtesten Männer fügen, wenn sie merken, dass es ohne Rache, ohne Bestrafung und ohne Hintergedanken arbeitet. Die harten Männer sind ja so hart geworden, weil diese weiche Macht ihnen gefehlt hat. Es ist die Macht der Mütter, die entschlossen den Schutz für ihre Kinder übernommen haben. Es ist die Macht der Mütter, die entschlossen den Schutz für ihre Kinder übernommen haben. Es ist die sexuelle Macht von Frauen, die nicht mehr über die Potenz oder Impotenz ihrer Liebhaber zu Gericht sitzen und die trotzdem entschlossen sind, mit ihren weichen Mitteln die Lebensfreude neu zu befreien. Weiche Macht ist das Prinzip der Evolution, das sofort in Kraft tritt, wenn die Lebewesen keine Angriffsfläche mehr haben für ihre Bosheit. Weiche Macht ist letztlich auch die Kraft, die einen Graskeimling befähigt, eine 5 cm dicke Asphaltdecke zu durchdringen, um ans Licht der Welt zu kommen. Es ist das Organisationsprinzip und das Kraftprinzip der Natur und die eigentliche Entelechie ihrer Lebewesen.
24. AffirmationAffirmation ist die Kunst der Bejahung, die Kunst neue Ideen zu sehen, zu wollen und zu verwirklichen. Indem wir anfangen, sie zu sehen, entsteht der Wille, sie zu verwirklichen. Und damit wir unter den Problemen unseres Alltags nicht wieder zusammenfallen, benutzen wir die Kunst der Affirmation. Es sind inzwischen immer mehr Gruppen von Frauen, die sich in diesem Sinne finden. Die Affirmation bekommt ihre Kraft durch öffentliche Erklärungen und spirituelle Verbindung mit den Zielen. Affirmation ist das Gebet an uns selbst, das wir als weibliche Wesen sprechen und hinter das wir nicht mehr zurückgehen werden. Insofern ist sie ein definitiver Austritt aus unseren alten Rollen. Es ist eine wirkliche Revolution, die sich mit größter Kraft im Inneren abspielt. In diesem Sinn freuen wir uns auf die neuen Männer, auf einen neuen Eros und auf eine neue Verbindung der beiden Geschlechter. Wir brauchen weder Softies noch Chauvies, wir brauchen Verständigung und einen gemeinsamen Eintritt für das Leben. Wir brauchen eine Kultur, in der die Liebe zwischen den Geschlechtern eine reale Möglichkeit bekommt, damit wir uns endlich wieder "erkennen" können.